Lieferketten: „Wenn Produktion zurückgeholt wird, dann selten nach Deutschland“
Viele Unternehmen bemühen sich darum, ihre Lieferketten resilienter zu machen, berichtet Sebastian Wellmann. Der Principal bei der Einkaufsberatung Inverto beobachtet aber auch, dass nur jedes dritte Unternehmen sich gut aufgestellt fühlt, um die Anforderungen des neuen Lieferkettengesetzes zu erfüllen.
VDI nachrichten: Das Lieferkettengesetz ist seit Jahresanfang in Kraft. Ist es den Unternehmen gelungen, rechtzeitig sicherzustellen, dass ihre Supply-Chain den Anforderungen entspricht?
Sebastian Wellmann: Das Lieferkettengesetz ist zwar seit Jahresbeginn wirksam, es findet aber zunächst nur Anwendung auf Unternehmen ab 3000 Mitarbeitern. Laut unserer Risikomanagementstudie wissen wir, dass sich nur ein Drittel der Unternehmen gut aufgestellt fühlt.
Was berichten die Unternehmen über den Aufwand?
Der zeitliche Aufwand ist tatsächlich vor allem zu Anfang groß. Das fängt schon damit an, dass erst einmal geklärt werden muss, wo die Zuständigkeiten liegen. Einkauf, Compliance, Legal, Qualität sind etwa mögliche Abteilungen, die betroffen sein könnten. Im Lieferkettengesetz werden aber auch Informationen abverlangt, die viele Unternehmen sowieso erfassen müssen, wenn sie sich eingehender mit ihrer Supply-Chain befassen wollen. Viele Unternehmen sind angesichts der Krisen der vergangenen Jahre aufgewacht und widmen dem Thema mehr Aufmerksamkeit.
Genügte es üblicherweise, die Supply-Chain besser zu dokumentieren oder mussten auch Umstrukturierungen vorgenommen werden? Mussten z. B. Lieferantenbeziehungen aufgegeben werden?
Das dürfte in der Anfangsphase in den seltensten Fällen direkt nötig gewesen sein. Wenn bestimmte Lieferanten die geforderten Nachweise nicht erbringen können, sucht man ja gewöhnlich erst einmal nach einer gemeinsamen Lösung und wechselt nicht gleich den Geschäftspartner.
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„Die Stoßrichtung des europäischen Lieferkettengesetzes ist dieselbe“
Man hört immer wieder von Lieferanten, die klagen, ihre Kunden würden die Pflichten des Lieferkettengesetzes auf sie abwälzen. Trifft das zu und sind solche Regelungen tatsächlich rechtlich belastbar?
Die Unternehmen füllen den Fragebogen zum Lieferkettengesetz ja nicht nur aus, um ihr Gewissen zu beruhigen oder einer Form zu genügen. Sondern sie bemühen sich etwa um zertifizierte Ware. Es werden Beschwerdestellen eingerichtet und sicher auch mehr Audits gemacht, um die Einhaltung der gesetzlichen Standards zu gewährleisten.
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