Produktionsprobleme dominieren die wirtschaftliche Lage
Die aktuellen Daten täuschen über die wahren Konjunkturrisiken hinweg.
Der erste Blick auf die in der IW-Konjunkturampel enthaltenen Indikatoren signalisiert offensichtlich ein sehr gutes wirtschaftliches Umfeld. Jedenfalls leuchten zumindest mit Blick auf Deutschland die meisten Indikatoren grün auf – was eine Verbesserung in den jüngsten drei Monaten gegenüber den vorhergehenden drei Monaten anzeigt. Der Arbeitsmarkt drehte bislang mehr und mehr ins Positive. In Teilen der Industrie und bei den Dienstleistern fehlt sogar Personal.
Die Konsumlaune ist gut – auch gestützt durch zuversichtliche Beschäftigungsperspektiven der Haushalte. Die Unternehmen wollen investieren und in der Industrie sind die Auftragsbücher gut gefüllt. Ein ähnliches Bild liefern die USA und der Euroraum. Eigentlich alles Hinweise auf eine boomende Konjunktur.
Industrieproduktion seit Jahresbeginn rückläufig
Doch der zweite Blick signalisiert, dass eine entscheidende Größe nicht mitspielt: Es will gekauft und investiert werden, aber die Güter sind nicht in ausreichenden Mengen verfügbar. Die Industrieproduktion ist seit Anfang dieses Jahres rückläufig. Besonders sichtbar ist diese Rezession im Fahrzeugbereich. Die Produktion in der deutschen Automobilindustrie geht zum zweiten Mal innerhalb der letzten knapp zwei Jahre in die Knie. Auf den Absturz im zweiten Quartal 2020 infolge der ersten Coronawelle und der damit einhergehenden Produktionsbeeinträchtigungen folgte eine beeindruckende Erholung. Jedoch geht die Fahrzeugherstellung mittlerweile über den gesamten Jahresverlauf 2021 zurück. Zuletzt lag die Automobilproduktion um mehr als ein Drittel unter dem letzten Höhepunkt vom Jahresende 2020 und um mehr als 40 % unter dem Niveau des Jahres 2019 – zum Jahr 2018 wird die Produktionslücke mit fast 50 % immens.
Die Gründe sind bekannt: Es fehlt nicht nur der Automobilindustrie an wichtigen Vorleistungen wie etwa elektronische Bauteile. Dazu kommen anhaltende globale Transportprobleme. Damit wird auch das deutsche Exportgeschäft zusehends belastet. Eine komfortable Auftragslage aus dem Ausland kann nicht ausreichend bedient werden.
Produktionsprobleme ziehen weite Kreise
Diese Produktionsprobleme ziehen noch weitere Kreise. Mit den Transport- und Lieferproblemen steigen auch die Produktionskosten der Unternehmen. Die Erzeugerpreise in der Industrie lagen zuletzt um fast 13 % über dem Vorkrisenniveau. Dies belastet letztendlich nicht nur die Erholung beim Konsum, sondern macht auch für die Unternehmen – sofern sie überhaupt an die Investitionsgüter herankommen – das Investieren teurer.
Pandemie birgt weitere Risiken für die Konjunktur
All dies trübt derzeit die Konjunkturperspektiven für die nächste Zeit merklich ein. Nicht zuletzt sorgen die wieder stark ansteigenden Infektionszahlen für wachsende Verunsicherung. Zum einen besteht die Gefahr, dass die Pandemie – vor allem für die konsumnahen Dienstleister – einen erneuten Nachfrageschock auslöst.
Zum anderen riskieren wir eine Verstärkung des bereits quälenden Angebotsschocks. Ein pandemiebedingter Ausfall von Mitarbeitenden und zusätzliche Störungen der Logistikketten sowie der Zulieferungen aus dem Inland und Ausland bedeuteten einen zusätzlichen Dämpfer für die industriellen Produktionsprozesse. Das ist frustrierend, wenn man bedenkt, dass hierzulande in ausreichenden Mengen Impfstoff zur Verfügung steht, um die Bevölkerung und Arbeitsplätze zu schützen.