Konjunktur 14. Dez 2022 Von Dieter W. Heumann Lesezeit: ca. 5 Minuten

Commerzbank Chefvolkswirt hält Industriestandort für gefährdet: „Eine konsistente Energiepolitik fehlt“

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, kritisiert die deutsche Standortpolitik und warnt vor einer Deindustrialisierung Deutschlands.

Die hohen Energiepreise bedrohen den ohnehin angeschlagenen Produktionsstandort Deutschland.
Foto: PantherMedia / InkDropCreative

VDI nachrichten: Zuerst die Coronakrise und dann der unerwartete Überfall Russlands auf die Ukraine. Vor allem Rohstoffe haben sich kräftig verteuert. Besonders getroffen hat dies weite Teile der Industrie. Die Angst vor einer Deindustrialisierung geht um – zu Recht?

Jörg Krämer: Die energieintensiven Unternehmen haben ihre Produktion seit Februar bereits um 10 % reduziert. Viele denken darüber nach, die Produktion aus Deutschland abzuziehen, weil Energie hierzulande auf Jahre teurer sein dürfte als in anderen Ländern. Die Warnungen vor einer Deindustrialisierung sollte man ernst nehmen.

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag der Anteil der Industrie laut OECD 2017 noch bei 23 %. Bis Ende 2021 ist er auf ca. 20 % abgeschmolzen. Erleben wir seit Jahren einen schleichenden Rückgang der Industrie an der Wertschöpfung?

Bis kurz vor Ausbruch von Corona war der Anteil der Industrie an der Gesamtwirtschaft ziemlich stabil. Insofern konnte man bis dahin nicht von einem schleichenden Rückgang der Industrie sprechen. Aber der Energiepreisschock könnte das in Zukunft ändern.

Der Standort Deutschland verliert bereits seit geraumer Zeit an Attraktivität

Wie wichtig ist für die Unternehmen die Entwicklung der Standortqualität?

In der langen Zeit unter Bundeskanzlerin Merkel war bereits eine Erosion der Standortqualität zu beobachten. Ich hatte – beginnend 2010 – anhand von Indikatoren der Weltbank die Standortqualität Deutschlands mit anderen EU-Ländern verglichen. Zunächst lag Deutschland nach meinen Berechnungen im vorderen Drittel, aber zuletzt nur noch im Mittelfeld. Dabei hat sich Deutschlands Standortqualität nicht absolut verschlechtert. Vielmehr fiel Deutschland zurück, weil andere EU-Länder an ihren Standortbedingungen gearbeitet haben, Deutschland aber nicht. Wir hatten schon ein Standortproblem, bevor die Energiepreise explodierten.

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, hält u. a. die Laufzeitverlängerung dreier Atomkraftwerke bis April 2023 für zu kurz. Foto: Commerzbank AG

Welche Industriebranchen leiden besonders unter den kräftig gestiegenen Kosten?

Natürlich die energieintensiven Bereiche, also Chemie, Metallerzeugung und -verarbeitung, Mineralölverarbeitung, Glas und Keramik sowie die Herstellung von Papier und Pappe. Diese Branchen stehen immerhin für 21 % der industriellen Wertschöpfung.

Muss man auch nach weltweit tätigen Großunternehmen und mittelständischen Unternehmen unterscheiden?

Angebot wählen und sofort weiterlesen

  • Alle Beiträge auf vdi-nachrichten.com
  • Monatlich kündbar

Oder werden Sie VDI-Mitglied und lesen im Rahmen der Mitgliedschaft Vn+.

Jetzt Mitglied werden

Themen im Artikel

Ein Beitrag von:

Stellenangebote

DLG TestService GmbH

Prüfingenieur (m/w/d) Fahrzeugtechnik / QMB

Groß-Umstadt
GKS-Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt GmbH über dr. gawlitta (BDU)

Geschäftsführer (m/w/d) bei einem Unternehmen der Energiewirtschaft

Schweinfurt
Brandenburgischer Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen

Ingenieur/in (m/w/d), mit Schwerpunkt Tiefbau, für den Landesbau

Frankfurt (Oder) oder Potsdam
NORDEX GROUP

BOP (Balance of Plant) Electrical Engineer (m/w/d)

Hamburg
Hochschule Anhalt

Professur Medizintechnik

Köthen
Westfälische Hochschule

Professur Künstliche Intelligenz und Industrielle Automation (W2)

Gelsenkirchen
Leibniz Universität Hannover

Universitätsprofessur für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik

Hannover
Fachhochschule Münster

Ingenieur*in (TGA) im Labor Gebäudetechnik (w/m/d)

Steinfurt
Hochschule Fulda

Professur (W2) Angewandte Biotechnologie insbes. Zellkulturtechnik

Fulda
Justus-Liebig-Universität Gießen

Ingenieur/in oder staatl. gepr. Techniker/in Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik oder Meister/in im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk (m/w/d)

Gießen
Zur Jobbörse

Das könnte Sie auch interessieren

Empfehlungen des Verlags

Meistgelesen