Die Dassault Rafale mausert sich zum Exportschlager für Frankreichs Rüstungsindustrie
Das Kampfflugzeug Dassault Rafale zieht Kunden aus aller Welt an. Präsident Emmanuel Macron nutzt dies für seine Außenpolitik.
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Frankreich setzte am Nationalfeiertag ein Zeichen: Die Jets, die über der Militärparade auf den Champs-Élysées Formation flogen, kamen nicht nur von französischen Luftwaffe. Dabei waren auch drei Rafale der indischen Luftstreitkräfte. Die Rafale des französischen Herstellers Dassault ist das derzeit mit Abstand absatzstärkste europäische Kampfflugzeug. Es öffnet der französischen Flugzeugindustrie den Zugang zu neuen Märkte in Übersee. Von diesen Kunden ist Indien der größte.
Indien bestellte die Rafale statt des Eurofighters
Indien hatte bereits im Jahr 2012 Rafale bestellt und sich dabei auch gegen den deutsch-britisch-italienischen Eurofighter entschieden. Zu diesen 36 Maschinen kam Ende Juni auf dem Pariser Luftfahrtsalon der Auftrag über weitere 26 Maschinen hinzu. Diese sind für Indiens Marine bestimmt und entsprechen der Version, die für den Einsatz auf dem französischen Flugzeugträger Charles de Gaulle entwickelt wurde.
Welche anderen Kampfflugzeugmodelle in der Nato eingesetzt werden, sehen Sie in der Fotogalerie:
Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate sind weitere Käufer. In Südamerika und auf dem Balkan wird gegenwärtig mit mehreren Staaten über Aufträge für das zweimotorige Kampfflugzeug mit einem Stückpreis von 80 Mio. € bis 100 Mio. € verhandelt.
Nur die US-amerikanische F-35 von Lockheed Martin wird seit einigen Jahren in noch deutlich größeren Stückzahlen als die Rafale bestellt – zur französischen Enttäuschung auch von immer mehr europäischen Ländern, etwa von Deutschland, der Schweiz, Belgien, Großbritannien, Norwegen und Finnland.
Die Mirage als Vorläuferin der Rafale war in den vielen Mutationen sowohl ein bemerkenswerter technischer als auch wirtschaftlicher Erfolg. 2004 führte dann der Auftrag der französischen Marineflieger zur Entwicklung der Rafale, die sich allerdings erst elf Jahre später zu einem echten Verkaufserfolg mauserte. Allein im Jahre 2022 verzeichnete Dassault Aufträge über 21 Mrd. €, die den französischen Marktanteil in der Wehrtechnik der Welt gegenüber dem Vorjahr von 7 % auf 11 % in die Höhe trieben.
Indien wendet sich von russischer Wehrtechnik ab
Für den Erfolg der Rafale gibt es etliche politische Gründe. Das beginnt damit, dass eine Reihe von Ländern prinzipiell kein US-Fluggerät kaufen will. Seit der Vollinvasion der Ukraine wenden sich auch langjährige Wehrtechnikkunden wie Indien von Russland ab.
Aber auch die westlichen Sanktionen zeigen Wirkung. So beklagte sich im Februar der serbische Präsident Aleksandar Vucic, für die betagten MiG-29-Jäger seines Landes seien kaum noch Ersatzteile auf dem Weltmarkt erhältlich. Das Land prüft inzwischen auch den Umstieg auf die Rafale.
Unter Präsident Emmanuel Macron gewannen geopolitische Aspekte beim Rafale-Verkauf an Bedeutung. Frankreich blickt auf den Pazifik, wo es seit sehr langer Zeit einige Besitzungen unterhält, die unter anderem 7000 französische Soldaten dauerhaft beherbergen.
Frankreich verfolgt mit dem Verkauf der Rafale außenpolitische Ziele
Die Vereinigten Staaten sind seit Jahrzehnten besonders stark im pazifischen Raum engagiert. Großbritannien und Australien bauen gegenwärtig ihre Position in den Weiten der pazifischen Welt aus. Da will Frankreich nicht fehlen und etwa Japan den Vortritt lassen.
Deutlich wurde das im Frühsommer dieses Jahres, als Paris die Einrichtung eines Nato-Büros in Tokio blockierte. Frankreich und Rafale sind derzeit im Wortsinn nicht zu trennen. Als Macron im Juli dieses Jahres zu seiner Reise zu den französischen Besitzungen im Pazifik startete, da waren es Rafale-Jets, die die Präsidentenmaschine begleiteten. Vermutlich wird es nicht lange dauern, bis die ersten Rafale auf pazifischen Stützpunkten Frankreichs stationiert sein werden.
Die so stark auf die Rafale bezogene Politik Frankreichs macht es schwer, die Chancen des deutsch-französisch-spanischen Kampfflugzeugs FCAS (Future Combat Air System) einzuschätzen. In rund 15 Jahren soll es die Rafale bei den französischen Streitkräften und den Eurofighter bei der deutschen Luftwaffe ablösen.
Großbritannien, Italien und Japan bringen derweil ihr Konkurrenzprodukt Tempest voran. Beim FCAS hatte es jahrelang Streitigkeiten zwischen Dassault und Airbus über die Aufgabenteilung im Projekt gegeben. Aus dem 100-Mrd.-€-Sondervermögen für die Bundeswehr sind 4,5 Mrd. € für das Kampfflugzeug vorgesehen. Im April kündigten Verteidigungsminister Boris Pistorius und seine Kollegen aus Frankreich und Spanien an, das Projekt mit neuer Kraft voranzubringen. Mittlerweile stieg auch Belgien in die Entwicklung ein.
Doch Dassault hat an vielen Fronten zu kämpfen. Es mangelt an Zulieferteilen und Rohstoffen aus dem Ausland. Und der Fachkräftemangel macht sich auch in Frankreich bemerkbar. Derzeit strebt Dassault danach, wenigstens drei 36 Rafale im Jahr herzustellen. Lockheed Martin produziert in der gleichen Zeit immerhin 156 seines F-35-Kampfflugzeugs.