EU-Länder besiegeln Frauenquote in Aufsichtsräten
In den EU-Ländern wird es ab 2026 eine Frauenquote für Aufsichtsräte geben. Darauf haben sich die Staaten jetzt nach jahrelangem Streit geeinigt. Nun müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen.
Die EU-Staaten haben einer Regelung zugestimmt, die für mehr Frauen an der Spitze börsennotierter Unternehmen in der Europäischen Union sorgen soll. Damit bestätigten sie einen Kompromiss, den Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments zuletzt nach jahrelanger Blockade erzielt hatten. Die Staaten sollen ab 2026 zwischen zwei Modellen wählen können. Entweder sollen bis dahin mindestens 40 % der Mitglieder von Aufsichtsräten Frauen sein, wie aus einer Mitteilung der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft hervorgeht. Oder: „Wenn Mitgliedstaaten sich dafür entscheiden, die neuen Vorschriften sowohl auf geschäftsführende als auch auf nicht geschäftsführende Direktoren anzuwenden, würde das Ziel 33 % aller Direktorenpositionen bis 2026 betragen.“ Die Unternehmen sind gemäß der neuen Richtlinie verpflichtet, einmal im Jahr das Geschlechterverhältnis in ihren Leitungsorganen offenzulegen. Zusätzlich müssten sie zeigen, welche Maßnahmen sie ergreifen, um die Ziele zu erreichen. Maßgeblich für die Einigung auf EU-Ebene war auch der Regierungswechsel in Deutschland. Unter Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stand Deutschland einer Einigung noch im Weg. Die EU-Kommission hatte die neuen Regeln bereits vor rund zehn Jahren vorgeschlagen.
Viele Unternehmen sehen keine Notwendigkeit für höheren Frauenanteil
Die Quotierung gilt auch für Männer, wenn in einem Gremium Frauen dominieren
Säßen in einem entsprechenden Gremium deutlich mehr Frauen als Männer, profitierten auch Männer von der Regelung. Formell muss auch das Europaparlament der Einigung noch einmal zustimmen, was als Formalie gilt. In Deutschland lag der Frauenanteil in den Führungsgremien der 160 Firmen der Dax-Familie sowie weiterer 23 im regulierten Markt notierter, paritätisch mitbestimmter Unternehmen Ende April bei 14,7 %, wie aus dem Women-on-Board-Index (WoB/Frauen-im-Vorstand) der Organisation „Frauen in die Aufsichtsräte“ (Fidar) hervorgeht. In Aufsichtsräten lag der Wert bei 33,5 %. Ein seit 2015 geltendes Gesetz in Deutschland schreibt eine Quote von 30 % für die rund 100 größten börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen vor. Die Bundesregierung kann sich nach eigenen Angaben dabei auf eine Ausnahmeregel für Länder berufen, in denen bereits „ebenso wirksame Maßnahmen“ ergriffen wurden. In Deutschland hatte sich zuletzt die Große Koalition Ende 2020 auf eine Frauenquote geeinigt. Große deutsche Unternehmen müssen ihre Aufsichtsräte demnach in der Regel mit mindestens 30 % Frauen besetzen.