Experten diskutieren Alternativen zum Klimageld
Nachdem die Ampelkoalition auf ein Klimageld verzichtet, ist offen, wie von einem höheren CO2-Preis betroffene Bürgerinnen und Bürger künftig unterstützt werden. Experten bringen Alternativen ins Spiel.
Klimaexperten sprachen sich heute auf einem Pressegespräch des Science Media Center für eine Anhebung des CO2-Preises aus, die jedoch mit Entlastungen der Bürger einhergehen müsse. Im Koalitionsvertrag hatte die Bundesregierung noch die Entwicklung eines sogenannten Klimagelds angekündigt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte diesem zumindest für diese Legislaturperiode jedoch kürzlich eine Absage erteilt.
Klimageld soll soziale Härten durch höheren CO2-Preis abfedern
Das an die Bürger ausgezahlte Klimageld soll Einnahmen aus dem CO2-Preis, der in den Klimatransformationsfonds KTF eingezahlt wird, gerechter verteilen. Weil nicht alle Betroffenen sich den Umstieg auf emissionsarme oder -freie Alternativen leisten können, besteht die Grundidee des Klimagelds darin, die Kosten abzufedern und den Umstieg zu ermöglichen.
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Matthias Kalkuhl, Leiter der Arbeitsgruppe Wirtschaftswachstum und menschliche Entwicklung am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin, hält es für eine „problematische Vorstellung“ der deutschen Politik, dass Klimaschutzmaßnahmen ausschließlich aus dem KTF finanziert werden sollen. Denn es brauche eigentlich zusätzlich Mittel für den Infrastrukturausbau etwa bei der Bahn und den öffentlichen Gebäuden.
Akzeptanz-Forscherin sieht „Verbindungen zwischen Sozial- und Umweltpolitik“
Sabine Preuß, Akzeptanz-Forscherin am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe, sieht „immer mehr Verbindungen zwischen der Sozial- und der Umweltpolitik“, die aktuell nicht gelöst würden. Notwendig seien eine engere Zusammenarbeit und die Kombination mehrerer Maßnahmen.
Insbesondere im Immobilienbereich würden entsprechende Kosten durch den erhöhten CO2-Preis sehr heterogen anfallen, sagte Matthias Kalkuhl. Er plädiert dafür, die Rückerstattung über ein Klimageld nach Betroffenheit stärker auszudifferenzieren. Die Gaspreisbremse sei hierfür ein gutes Beispiel.
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Die Heterogenität der Kosten lasse sich nicht pauschal mit dem Klimageld abfedern, sagte auch der Volkswirtschaftler Stephan Sommer vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Er wies darauf hin, dass das Klimageld auch – statt es an die Bürger zurückzuverteilen – in weitere Klimaschutzinstrumente investiert werden könne. Damit könnten dann auch Härtefälle gezielt kompensiert werden. Dazu gehörten etwa Leute, die auf das Auto angewiesen seien oder eine fossile Heizung nicht ersetzen könnten.
Bleibt die Politik untätig, werden einkommensschwache Haushalte verhältnismäßig stärker belastet
Umfragen des Leibniz-Instituts hätten gezeigt, so Stephan Sommer, dass ein sogenanntes „Green Spending“, „sehr stark befürwortet“ werde, solange der CO2-Preis nicht stark ansteige. Mit Blick auf Lindners Absage an ein Klimageld sagte Sommer, dass, wenn die Klimapolitik an dieser Stelle nichts tun würde, dies regressiv wirke. Ein einkommensschwacher Haushalt würde dann nämlich verhältnismäßig stärker belastet.
Die Verwendung der durch den CO2-Preis eingenommenen Mittel sei „ganz entscheidend“ für die Akzeptanz der CO2-Bepreisung, betonte Sabine Preuß. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts habe gezeigt, dass gerade vulnerable Bevölkerungsgruppen hohen Wert darauflegten, dass die eingenommenen Gelder nicht nur gerecht, sondern auch mit einem hohen Klimaeffekt eingesetzt würden. Wenn das Schienennetz ausgebaut oder in Windkraftanlagen investiert würde, wurde dies als am gerechtesten wahrgenommen.