FDP sieht Verfassungsbruch von Kramp-Karrenbauer
Ein „verfassungswidriges Vorgehen“wirft FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer vor.
Am Wochenende war bekannt geworden, dass Kramp-Karrenbauer gegenüber ihrem US-Kollegen Mark Esper angekündigt hatte, die Bundesregierung werde US-Jets vom Typ Boeing F-18 als Nachfolger des Kampfflugzeugs Panavia Tornado bestellen. Das Vorgehen der Verteidigungsministerin war vom Koalitionspartner SPD, aber auch aus der Opposition heftig kritisiert worden. Für Strack-Zimmermann ist das Vorgehen von Kramp-Karrenbauer „ein demokratisches No-Go“. Am Mittwochvormittag soll die Ministerin dem Verteidigungsausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen. Im Interview mit VDI nachrichten verlangt Strack-Zimmermann, dass Kramp-Karrenbauer den E-Mail-Verkehr mit ihrem US-Kollegen offenlegt. Strack-Zimmermann ist Sprecherin der FDP-Abgeordneten im Verteidigungsausschuss.
Frau Strack-Zimmermann, Sie haben das Vorgehen von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bei der Tornado-Nachfolge als „Desaster“ bezeichnet. Was genau werfen Sie der Ministerin vor?
Ich werfe Frau Kramp-Karrenbauer vor, dass sie es gewagt hat, indirekt einen Bestellauftrag auf den Weg zu bringen, ohne vorher den Deutschen Bundestag damit zu beschäftigen. Das ist schlichtweg verfassungswidrig. Ohne Parlament keine Bestellung. Der Koalitionspartner wurde im Übrigen davon auch überrumpelt. So kann man als Ministerin nicht agieren.
„SPD muss Blockade aufgeben“
Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die von Frau Kramp-Karrenbauer angekündigte Bestellung von US-Kampfjets des Typs F-18 in der nächsten Legislaturperiode tatsächlich umgesetzt wird?
Nach sechs Jahren ist es extrem wichtig, endlich die Tornado-Nachfolge zu klären. Flugzeuge dieser Art stehen nicht im Regal und werden nicht einfach ins Einkaufskörbchen gelegt. Es muss geplant werden und dauert Jahre, bis die Maschinen geliefert werden. Die SPD muss ihre Blockade endlich aufgeben und sich entscheiden, ob sie staatspolitische Verantwortung übernehmen oder dauerhaft in die Opposition gehen will. Eine weitere Verzögerung bei der Beschaffung schadet der Truppe und der deutschen Bündnisfähigkeit. Eine Bestellung in der nächsten Legislaturperiode ist eigentlich schon zu spät, aber darauf muss es nun als Ultima Ratio hinauslaufen. AKK hätte dies durch eine bessere Kommunikationspolitik und frühzeitige Einbindung des Parlaments verhindern können. Sollte die Tornado-Nachfolge von der GroKo aufgrund des SPD-Widerspruchs auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden, liegt die Verantwortung bei der Verteidigungsministerin.
Der SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu kritisiert, dass der Bundestag bei der Tornado-Nachfolge nicht „frühzeitig und umfassend“ einbezogen worden sei. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ja und nein. Eine frühzeitige Miteinbeziehung des Parlaments ist immer wichtig. Bei Beschaffungsfragen bekommt der Verteidigungsausschuss die Vorlagen immer dann vorgelegt, wenn die konkrete Kaufabsicht vorliegt bzw. die Details des Bestellprozesses ausgearbeitet sind und es um eine Entscheidung geht. An diesem Punkt sind wir – leider – noch nicht. Insofern gibt es keine Vorlagen o. ä., die uns hätten vorgelegt werden müssen und die wir nicht bekommen hätten. Anders verhält es sich natürlich wie erwähnt, wenn die Ministerin quasi unter der Hand eine Kaufzusage gibt. Das ist ein demokratisches No-Go. Generell gilt: Transparenz ist die beste Verteidigung. Die Bundesverteidigungsministerin hätte sich viel Ärger ersparen und der Truppe viel Zeit gewinnen können, wenn sie alle beteiligten Akteure und Fraktionen frühzeitig in ihre Überlegungen eingebunden hätte.
„F-18 ist bereits veraltet“
Sie kritisieren die Entscheidung für die F-18. Welcher Typ hätte Ihrer Meinung nach angeschafft werden sollen?
Statt der F-18 hätte das Nachfolgemodell F-35 gewählt werden müssen. Die F-18 ist bereits seit längerer Zeit veraltet. Es ist für uns unverständlich, warum man sich statt für das aktuelle Modell F-35 für ein auch aus Herstellersicht veraltetes Modell entschieden hat. Insbesondere, da der Bundesregierung für das neue Modell wirtschaftlich sinnvolle Angebote vorlagen.
Sie haben das Erscheinen von Kramp-Karrenbauer vor dem Verteidigungsausschuss beantragt. Welche Auskünfte interessieren Sie besonders?
Die Verteidigungsministerin muss in der Ausschusssitzung für vollständige Transparenz sorgen und aufklären, was sie dazu getrieben hat, diesen verfassungswidrigen Weg einzuschlagen und ein solches Kommunikationsdesaster anzuzetteln. Wir erwarten im Interesse der Transparenz ebenso, dass sie den E-Mail-Kontakt mit ihrem US-Kollegen Mark Esper vollständig offenlegt.
Update nach Abschluss des Interviews: Wie die Nachrichtenagentur dpa am Dienstagabend meldete, ist es nun offiziell, dass die Tornado-Flotte der Luftwaffe mit dem Eurofighter sowie F-18-Kampflugzeugen ersetzt werden soll. Das Ministerium von Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) informierte am Dienstag die zuständigen Obleute im Bundestag über das milliardenschwere Vorhaben.