Gorch Fock startet nach jahrelanger Verzögerung zur Ausbildungsfahrt
Sechs Jahre hatte die Reparatur gedauert, nun sticht die Gorch Fock wieder in See. Dabei hatte dem Segelschulschiff der Deutschen Marine vor wenigen Jahren noch das Abwracken gedroht.
An diesem Freitag, den 19. November 2021, verlässt das Segelschulschiff Gorch Fock ihren Heimathafen Kiel, um zur ersten Auslandsausbildungsreise nach dem langen Werftaufenthalt aufzubrechen. Unter dem Kommando von Kapitän zur See Nils Brandt nimmt der weiße Dreimaster mit rund 120 Besatzungsmitgliedern Kurs auf die Kanarischen Inseln.
Nach einem Zwischenstopp in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon wird die Gorch Fock Kurs auf die Kanareninsel Teneriffa nehmen. Dieses Ziel wurde gewählt, um nach langer Segelpause unter günstigen Wetterbedingungen die Stammbesatzung und die Segelcrew wieder zu trainieren. Für das Weihnachtsfest und den Jahreswechsel macht das Schiff im Hafen von Santa Cruz de Tenerife fest, der Hauptstadt von Teneriffa.
Auf der Gorch Fock lernen die Offizieranwärter das seemännische Handwerk
Rund 220 Offizieranwärter der Marine der Crew 2021 werden – aufgeteilt in zwei Törns (Etappen) – im Rahmen ihrer seemännischen Basisausbildung erste Erfahrungen an Bord des Großseglers sammeln. An Bord des Segelschulschiffes erlernen die Lehrgangsteilnehmer das grundlegende seemännische Handwerk. Dabei geht es auch um soziale Kompetenzen: „Sie erfahren in der Praxis die Bedeutung von Teamwork und Kameradschaft“, teilt die Bundeswehr dazu mit.
Die erste Gruppe der Kadetten wird am 3. Januar 2022 in Santa Cruz de Tenerife eingeschifft und durchläuft zunächst eine Segelvorausbildung. Mitte Januar sticht die Gorch Fock mit dieser Crew in See und segelt Richtung Mittelmeer. Über den Hafen von Valencia in Spanien geht es weiter nach Málaga. Dort wird die erste Gruppe der Kadetten Mitte Februar ausgeschifft und die zweite Gruppe an Bord genommen. Mit dieser geht es dann nach abgeschlossener Segelvorausbildung über den französischen Atlantikhafen Brest zurück nach Kiel, wo das Schiff Ende März 2022 wieder im Heimathafen zurückerwartet wird. Dann werden rund 10 000 Seemeilen hinter Schiff und Besatzung liegen.
Reparatur der Gorch Fock dauerte sechs Jahre und kostete 135 Mio. €
Das Auslaufen am Freitag beendet eine sechs Jahre dauernde und 135 Mio. € teure Werftliegezeit. Dabei hatten sich die Kosten mehr als verzehnfacht. Im November 2015 begannen die Arbeiten an einer routinemäßigen Wartung. Ein Jahr später zeigte sich immer stärker, wie marode das Schiff geworden war. Die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen entschied sich gegen das nahe liegende Abwracken der Gorch Fock.
Zu den technischen Schwierigkeiten kamen noch Bestechungsvorwürfe gegen die beauftragte Werft, die während der Sanierungsarbeiten am Schiff insolvent ging. Zu der Serie von Pleiten, Pech und Pannen passte, dass das Auslaufen am Freitag bereits am 10. November hätte stattfinden sollen, aber wegen Keimbildung im Frischwassersystem verschoben werden musste.
Gorch Fock umrundete 35-mal die Erde
Seit der Indienststellung im Dezember 1958 wurden etwa 15 000 Offizier- und Unteroffizieranwärter auf den Planken der Gorch Fock ausgebildet. Im Verlauf der Ausbildungsreisen besuchte sie bisher rund 390 Häfen in knapp 60 Ländern auf fünf Kontinenten und legte dabei mehr als 750 000 Seemeilen zurück, was umgerechnet 35 Erdumrundungen entspricht. Es wird voraussichtlich auch die letzte Reise vom Kommandanten der Gorch Fock, Kapitän zur See Nils Brandt, werden, der das Kommando über das Segelschulschiff nach fast sieben Jahren als Kommandant Ende März 2022 abgeben wird.
Ausstellung im Deutschen Marinemuseum zur Gorch Fock
Eine gute Gelegenheit, sich über das Leben an Bord der Gorch Fock auf sicherem und trockenem Boden zu informieren, bietet die aktuelle Sonderausstellung des Deutschen Marinemuseums in Wilhelmshaven. Gezeigt werden die Funktionsweise der Gorch Fock, ihre Geschichte sowie die Darstellung des Schiffs in der Öffentlichkeit. Den Schwerpunkt der Ausstellung bilden die Inhalte und Methoden der Offiziersausbildung, die den Existenzweck der Gorch Fock ausmacht. Anhand von Logbüchern wird Segelausbildung, Navigations- und Meteorologieunterricht, aber auch das tägliche Reinschiff oder Kartoffelschälen geschildert. Während lange Zeit die Abhärtung im Vordergrund stand, wird vor allem in jüngerer Zeit die Entwicklung des Teamgeists innerhalb der Offizieranwärtercrew und Zusammenspiel mit der Stammbesatzung der Gorch Fock betont, so die Ausstellungsmacher.
Die Technik kommt jedoch nicht zu kurz. Die Ausstellung vermittelt, wie ein Großsegler funktioniert, welche Aufgaben die rund 200-köpfige Crew erfüllen muss. Schließlich wird erläutert, wie Wind und Meer auf ein Segelschiff einwirken. Die Ausstellung ist noch bis zum 24. April 2022 zu sehen.