Schattenhaushalt 12. Sep 2023 Von André Weikard Lesezeit: ca. 2 Minuten

Klimafonds bald größer als die Etats von Verkehrs- und Wirtschaftsministerium zusammen

Die Bundesregierung erreicht die Einhaltung der Schuldenbremse nur, indem sie Ausgaben in den sogenannten Klimafonds verschiebt. Was alles dort verbucht wird und wofür die Mittel am Ende fehlen könnten, haben Experten des Klimaforschungsinstituts MCC untersucht.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) will 2024 die Schuldenbremse wieder einhalten.
Foto: Caitlin Hardee/FDP

Die Bundesregierung bläht den Klima- und Transformationsfonds (KTF) weiter auf. Das Finanzierungsinstrument für die Klimawende soll im kommenden Jahr Ausgaben von rund 58 Mrd. € abdecken. Bereits in diesem Jahr sind für den Fonds 36 Mrd. € veranschlagt. Dabei sei nicht klar, welche Ausgaben denn nun alles in diesen Schattenhaushalt gehörten und welche nicht, beklagt eine Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Neben Ausgaben zur Investitionsförderung würden dem Klimafonds auch Ausgaben für den sozialen Ausgleich zugewiesen. Damit werde der Geldtopf immer unübersichtlicher.

Klimafonds der Bundesregierung wird zum Allzweckinstrument, um den Kernhaushalt zu entlasten

Wie aus der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes hervorgeht, soll der Kernhaushalt des Bundes mit Ausgaben in Höhe von 446 Mrd. € 2024 wieder die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten. Die verlangt, neue Kredite auf maximal 0,35 % der Wirtschaftsleistung zu begrenzen. Das gelang zuletzt im Jahr 2019. Der scheinbare Erfolg beruht aber auf der enormen Ausweitung des KTF. Allein die Gebäudeförderung wird 2024 Ausgaben von 19 Mrd. € verursachen. Weitere Mittel fließen in die EEG-Umlage, Investitionen in das Schienennetz der Bahn oder milliardenschwere Standortförderungen, etwa für den Bau einer Intel-Chipfabrik in Magdeburg. Warum ausgerechnet letztere Ansiedlungsprämie in den Klimafonds gehöre, ist den Studienautoren rätselhaft. „Zur Begründung heißt es, dass Halbleiterproduktion für klimafreundliche Technologien wichtig ist“, sagt Brigitte Knopf, MCC-Generalsekretärin und Mitautorin der Studie. „Aber bei genauer Betrachtung entsteht der Eindruck, dass der KTF zunehmend sachfremd ausgestaltet wird, offenbar als politisches Allzweckinstrument, damit der Kernhaushalt nicht zu sehr belastet wird.“

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Im Koalitionsvertrag angekündigtes „Klimageld“ bislang nicht im Haushalt vorgesehen

Ähnlich strittig ist auch die Verwendung von Mitteln des Klimafonds für die Modernisierung der Bahn. MCC-Experte Niklas Illenseer kommentiert: „Es steht seit 1993 im Grundgesetz, dass der Bund als Eigentümer für Ausbau und Erhalt des Schienennetzes verantwortlich ist, das hat mit Klima erst mal nichts zu tun.“ Die Regierung müsse im Kernhaushalt umschichten oder weitere Spielräume schaffen. „Davor drückt sie sich durch das Auslagern von Kernaufgaben“, so Illenseer.

Dagegen seien für das „Klimageld“, das 2021 im Koalitionsvertrag als Auszahlung an alle Bürgerinnen und Bürger angekündigt wurde, in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2027 noch überhaupt keine Mittel vorgesehen. Mit dem Klimageld sollten Belastungen durch steigende CO2– und Energiepreise abgemildert werden. Die Auszahlung eines solchen „Klimagelds“ wäre mit Blick auf die steigenden Einnahmen durch die CO2-Bepreisung bereits 2025 zu rechtfertigen, so die Studie. Die Mittel des Fonds seien allerdings bereits ausgeschöpft. Die 60 Mrd. € Fondskapital, die ursprünglich einmal zur Bekämpfung der Coronapandemie gedacht waren und dann umgewidmet wurden, seien bereits 2026 aufgebraucht. Der Fonds speise sich dann nur mehr durch Einnahmen aus der CO2-Bepreisung.

Bundesregierung verfehlt Klimaschutzziele – Klimaschutzprogramm unzureichend

MCC fordert eine Integration des Klimaschutzes in den Kernhaushalt

„Um die Überdehnung des Klimaschattenhaushalts zu beenden und das Klimageld zu ermöglichen, braucht es nun eine politische Grundsatzentscheidung“, empfiehlt MCC-Generalsekretärin Knopf: „Die Bundesregierung sollte den Klimaschutz als Staatsaufgabe prinzipiell im Kernhaushalt integrieren und also dort alle Ausgaben für die entsprechende öffentliche Infrastruktur unterbringen. Das ist Teil der staatlichen Daseinsvorsorge. Nur durch einen solchen Schritt steht im Klimafonds über die Förderung grüner Investitionen von Unternehmen hinaus genügend Geld zur Verfügung: für sozialen Ausgleich etwa über das Klimageld und für die notwendige Unterstützung von Investitionsprogrammen für private Haushalte.“

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