Waffenlieferungen an die Ukraine 25. Jan 2023 Von Peter Steinmüller Lesezeit: ca. 3 Minuten

Mit dem Leopard 2 A6 erhält die Ukraine einen modernen Kampfpanzer

Die Überraschung in Expertenkreisen war groß, als die Bundesregierung die Lieferung einer jüngeren Version des Leopard 2 ankündigte. Was sind die Gründe dafür?

Erkennungszeichen des Leopard 2 A6 ist die keilförmige Panzerung an der Turmfront. Die Bundesregierung hat sich entschlossen, genau diese Version in die Ukraine zu schicken.
Foto: U.S. Army photo by Visual Information Specialist Gertrud Zach

Am heutigen Vormittag ließ Bundeskanzler Olaf Scholz endgültig die Leoparden frei. Regierungssprecher Steffen Hebestreit gab bekannt, die Bundesregierung wolle in einem ersten Schritt 14 Leopard 2 der Ukraine zur Verfügung stellen. Ziel sei es, rasch zwei Panzerbataillone zusammenzustellen, für die weitere Leopard-Nutzerstaaten Exemplare abgeben würden. Ausgehend von der Stärke der Bundeswehrbataillone hieße das, dass rund 90 Leopard 2 in die Ukraine gehen würden.

Leopard 2 A6 wird dringend von der Bundeswehr benötigt

Experten hatten in den Wochen zuvor spekuliert, dass für die Überlassung an die Ukraine die älteste Version A4 infrage käme, die gegen Ende des Kalten Krieges gebaut wurde und von der noch mehr als 1000 Exemplare in Europa und Kanada im Dienst oder in Depots stehen. Auf sie, so die Überlegungen, könnten die Nutzerstaaten am leichtesten verzichten. Doch nun liefert die Bundesregierung die moderne Version A6 aus dem Bestand der Bundeswehr, die diese eigentlich dringend bräuchte, um ihren Auftrag der Bündnisverteidigung glaubhaft zu erfüllen.

Wie der Schützenpanzer Marder die Ukraine unterstützt

Der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr München spekulierte auf Twitter, diese Entscheidung sei Ergebnis des am Wochenende heftig diskutierten Auftrags an die Bundeswehr, zu prüfen, wie es um die Bestände an Leopard 2 steht: „Der Auftrag diente dazu, meine Interpretation, rauszufinden, welche Leos mit den polnischen und anderen Leos kompatibel sind, sodass die Frage der Logistik kein Albtraum wird. Und kompatibel heißt auch, gibt es genug Ersatzteile.“ Regierungssprecher Hebestreit hatte bereits erklärt, mit den Panzern käme ein Unterstützungspaket mit Ausbildung, Logistik und Munition.

Die Regierungen von Polen, den Niederlanden und Finnland hatten bereits vor der deutschen Entscheidung ihre Bereitschaft zur Lieferung von Kampfpanzern erklärt. Die drei Staaten verfügen zusammen über rund 170 Leopard 2 auf dem Ausstattungsniveau der Version A6. Polen will davon 14 Panzer zur Verfügung stellen, die Niederlande haben 18 angekündigt.

Zusatzpanzerung ist auffälligstes Merkmal des Leopard 2 A6

Auffälligstes Merkmal des Leopard A6 ist die Zusatzpanzerung an den Seiten und der Front des Turms, die dessen Gewicht um 5 t erhöht. Vor der senkrechten Front des Turms ist nun eine Keilpanzerung angebracht. Sie soll pfeilförmige Wuchtgeschosse aus ihrer Bahn lenken, die sonst mit hoher Energie einschlagen würden. Für den Fall des Falles wurden die Turmwände des A6 mit Gewebematten ausgekleidet, die Kommandant und Richtschützen vor eingedrungenen Splittern schützen sollen.

Auch Finnland will Leopard 2 an die Ukraine liefern. Hier wird ein Exemplar in der Version A6 besichtigt. Foto: MKFI/public domain

Die Feuerkraft des Leopard wurde mit der Version A6 erhöht. Eingebaut ist nun eine Kanone mit einem um 130 cm längeren Rohr. Das erlaubt höhere Mündungsgeschwindigkeit und größere Präzision beim Schießen. Die Geschosse verlassen mit mehr als fünffacher Schallgeschwindigkeit (>1750 m/s) den Lauf und können auf 2000 m die Panzerung aller in der Ukraine eingesetzten russischen Panzer durchschlagen. Wichtig für die dringend notwendige Standardisierung der ukrainischen Waffensysteme ist, dass die Kanone auch die für die bisherigen Leopard-2-Varianten gefertigte Munition verschießen kann. Diese ältere Variante ist auch in die amerikanischen Kampfpanzer M1 Abrams eingebaut, die die USA in großer Zahl an die Ukraine liefern wollen. Auch hier wäre also eine Vereinheitlichung der Logistik möglich.

Dem Nachfolger des Leopard 2 droht ein frühes Ende

Der Leopard 2 A6 war die erste Version mit der sogenannten Hunter-Killer-Funktion. Dabei kann der Kommandant bereits das nächste Ziel anvisieren, während der Richtschütze noch mit dem Bekämpfen des ersten beschäftigt ist. Auf Knopfdruck des Kommandanten schaltet die Zieloptik des Richtschützen auf den nächsten Panzer auf, Zielansprache und Umorientierung des Richtschützen entfallen. Mithilfe der Wärmebildgeräte ist auch bei Nacht und schlechter Sicht der Waffeneinsatz möglich.

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