VDI-Umfrage zur Wahl: Diese Forderungen stellen Ingenieure an die Politik
Rund 10.000 Ingenieure haben sich an der Umfrage beteiligt. Diese Themen sollte die künftige Bundesregierung ihrer Meinung nach anpacken.

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Inhaltsverzeichnis
- Ausbau intelligenter Stromnetze wichtiger als Förderung von Wärmepumpen
- Energiepolitik im Zeichen der Versorgungssicherheit und niedrigerer Preise
- Bahnsanierung und ÖPNV-Ausbau oben auf der Agenda der Ingenieure
- 96 % fordern: Neue Regierung muss die Innovationsfähigkeit fördern
- Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Diskussionsgrundlage für den Deutschen Ingenieurtag im Mai
Migration und Wirtschaft haben die Demoskopen etwa von Infratest dimap als die bestimmenden Themen für die anstehende Bundestagswahl ausgemacht. Ganz vorn stehen Fragen wie: Wie lassen sich die Strompreise senken und der Standort Deutschland wieder stärken? Wie kann dennoch die Klimawende gelingen? Wie schaffen der Verkehrssektor und die bedeutende deutsche Automobilindustrie die Transformation? Und nicht zuletzt: Wie lässt sich die Innovationslust im Land wieder wecken?
Viele dieser Fragen richten sich an Ingenieure. Der VDI als größtes deutsches Ingenieurnetzwerk hat seine Mitglieder um Antworten gebeten. Rund 10.000 haben sich an der großen Umfrage beteiligt, die zu vielen Themenfeldern klare Ergebnisse hervorgebracht hat.
Ausbau intelligenter Stromnetze wichtiger als Förderung von Wärmepumpen
Beispiel Energie. Während in der breiten Öffentlichkeit das Für und Wider von Wärmepumpen oder der Neubau von Kernkraftwerken diskutiert wird, setzt eine Mehrheit der Ingenieure und Ingenieurinnen andere Prioritäten. Als Toptechnologie für das Gelingen der Energiewende sehen sie den „Ausbau flexibler, intelligenter Stromnetze“ (74 %), gefolgt vom „Ausbau der Batteriespeicher“ (52 %). Photovoltaik und Windkraft will rund die Hälfte der Befragten forcieren. Eine „Wiederbelebung der Kernenergie“ rangiert mit 25 % dagegen etwa gleichauf mit dem „Ausbau von Geothermie und Biomasse“ (27 %) weiter hinten unter den geeigneten Mitteln, um Deutschlands Energiewirtschaft in die Lage zu versetzen, günstigen grünen Strom zur Verfügung zu stellen.

Energiepolitik im Zeichen der Versorgungssicherheit und niedrigerer Preise
Als Ziele der Energiepolitik steht die Versorgungssicherheit (für 97 % der Befragten „wichtig“ oder „sehr wichtig“) an erster Stelle vor der „Bereitstellung günstiger Energie“ (88 %). Der „Klimaschutz“ gehört nur für 76 % der Befragten zu den Kernzielen, denen sich die deutsche Energiepolitik verschreiben sollte. VDI-Direktor Adrian Willig bekräftigt: „Neben der Nachhaltigkeit müssen Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit Priorität bei der Transformation der Energiesysteme haben.“ Dies sei Hauptaufgabe der Politik.
Bahnsanierung und ÖPNV-Ausbau oben auf der Agenda der Ingenieure
Spannende Ergebnisse liefert die VDI-Umfrage auch zum Themenfeld Mobilität. Einhellige Meinung der Befragten ist, dass die „Sanierung und der Ausbau der Bahninfrastruktur“ ganz oben auf die Agenda der Politik gehören. 92 % der Ingenieurinnen und Ingenieure können sich darauf verständigen. Der damit zusammenhängende „Ausbau des ÖPNV-Angebots“ ist ebenfalls einer großen Mehrheit (72 %) der Befragten ein Anliegen, noch vor der „Sanierung und dem Ausbau der Straßeninfrastruktur“ (57 %). Darin sind sich die Mitglieder mit Adrian Willig einig. Auch der VDI-Direktor sagt: „Der Ausbau des öffentlichen Fern- und Nahverkehrsnetzes bietet große Chancen für eine nachhaltige Mobilität und sollte stärker in den Fokus rücken.“

Gespalten stellt sich die Haltung der Ingenieure zum Thema „Tempolimit 130 auf Autobahnen“ dar. 51 % der Befragten sprechen sich dafür aus. Das entspricht in etwa den Ergebnissen von Befragungen in der Gesamtbevölkerung. Eine vom Umweltbundesamt in Auftrag gegebene Umfrage kam etwa zu dem Ergebnis, dass 57 % der Deutschen sich ein generelles Tempolimit auf Deutschlands Autobahnen wünschen. Auch der ADAC ermittelte ähnliche Zahlen (55 % Zustimmung).
96 % fordern: Neue Regierung muss die Innovationsfähigkeit fördern
Ein zentrales Anliegen des VDI, mehr Sachverstand und Fakten in die politische Debatte zu tragen, wird von einem Großteil der VDI-Mitglieder getragen. 67 % der Ingenieurinnen und Ingenieure denken, dass politische Entscheidungen eher auf Basis von Meinungen getroffen werden als auf der Grundlage von Fakten. Dem möchte der VDI Abhilfe schaffen, unter anderem mit der Initiative „Zukunft Deutschland 2050“.
Auch dazu, wie die technologische und industrielle Zukunft Deutschlands zu sichern ist, gibt die aktuelle Umfrage Auskunft. Als dringlichstes Thema nennen die Umfrageteilnehmer die Aufgabe, die „Innovationsfähigkeit zu fördern“. Satte 96 % stufen dieses globale Ziel als „eher dringlich“ oder „besonders dringlich“ ein. Dicht gefolgt von den Themen „Bürokratie abbauen“ (93 %) und die „Industrielle Basis“ des Standorts sichern (91 %).
Auch die „Verfügbarkeit von Fachkräften“ brennt den Befragten auf den Nägeln (89 %). Eine Stärkung der E-Mobilität hält hingegen nur jeder fünfte Befragte (21 %) für „besonders dringlich“. Das ist der letzte Platz unter den als Antwortmöglichkeiten angebotenen politischen Themen.
VDI-Präsident Lutz Eckstein teilt die Einschätzung der Mitglieder: „Wenn es um Forschung und Entwicklung geht, spielt Deutschland weiterhin in der Spitzenliga. Wir scheitern aber immer wieder an der Frage, wie wettbewerbsfähig wir innovative Produkte in Deutschland produzieren können. Die aktuellen Standortfaktoren setzen der Skalierung von Technologien klare Grenzen“, so Eckstein.
Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Als Mittel, um das Fachkräftepotenzial im Inland besser auszuschöpfen, empfehlen die Befragten der Politik, bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen. 87 % von ihnen sehen etwa im Ausbau des Kinderbetreuungsangebots den Schlüssel, um mehr geeignetes Personal zu mobilisieren. Hinzu müsste nach Ansicht der befragten VDI-Mitglieder eine einfachere „Anerkennung von Berufserfahrung für Quereinsteiger“ kommen (87 %). Das „Schaffen von Anreizen, um Ältere länger im Erwerbsleben zu halten“ goutieren 80 % der Befragten. In die „Qualifizierung an- und ungelernter Personen“ setzen immerhin noch 79 % der Umfrageteilnehmer Hoffnungen.
Diskussionsgrundlage für den Deutschen Ingenieurtag im Mai
Viele Themen also, die auf dem Deutschen Ingenieurtag am 15. 5. 2025 in Düsseldorf sicher als Diskussionsgrundlage dienen werden. Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft sind eingeladen, daran teilzunehmen.
Die vollständigen Umfrageerbenisse finden Sie hier.