Homeoffice ist Zankapfel zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern
Die Homeofficepflicht endet – wie einige andere Coronaschutzmaßnahmen – am 20. März. Die Debatte um die Arbeitsform nimmt zwischen den Tarifparteien aber wieder an Fahrt auf.
Ab dem 20. März gibt es in Deutschland keine pandemiebedingte Pflicht zum Homeoffice mehr. Dennoch bleibt das Thema Arbeiten von zu Hause ein Dauerbrenner. In der Debatte um zukünftige Regelungen zum Homeoffice gehen die Meinungen von Gewerkschaften und Arbeitgebern auseinander. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sagt, dass auch weiterhin viele Menschen von zu Hause aus arbeiten möchten. Dabei sei ein Mix aus mobiler Arbeit und Präsenz im Büro der Favorit. Arbeitgeber können dies auch mit ihren Mitarbeitenden über den 20. März hinaus so vereinbaren.
BDA lehnt einen Rechtsanspruch auf Homeoffice ab
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) begrüßt das Auslaufen der Homeofficepflicht und lehnt eine gesetzliche Regelung, wie sie der DGB fordert, als überflüssig ab. Steffen Kampeter vom BDA sagte: „Mobiles Arbeiten gehört in Betrieben zum Alltag. Beschäftigte und Arbeitgeber regeln das eigenverantwortlich. Corona hat da die vielfältigen Möglichkeiten, aber auch die Grenzen im Turbo aufgezeigt.“ Fixierende Regeln und „lähmende Rechtsansprüche auf Homeoffice“ passten nicht zu Flexibilität und Eigenverantwortung.
Die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sehen vor, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten künftig das Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen müssen – es sei denn, betriebliche Gründe sprechen dagegen. Die Arbeitgeberverbände fordern ihrerseits eine andere Fleixilisierung: Die Höchstarbeitszeit auf die Woche bezogen zu berechnen statt wie bisher bezogen auf die tägliche Arbeitszeit. Dies lehnen wiederum die Gewerkschaften aber ab.
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DGB beklagt Überwachung von Arbeitnehmenden
Beschäftigte sollten nach dem Willen des DGB künftig besser gegen digitale Überwachung durch Arbeitgeber, etwa im Homeoffice, geschützt werden. In der Pandemie würden Beschäftigte heute immer wieder ohne Rechtsgrundlage überwacht, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Wie oft dies geschehe, sagte sie nicht. Arbeitgeber könnten mittlerweile „jeden Tastenanschlag, jede Pause und jedes Arbeitstempo“ der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lückenlos überwachen. Der DGB legte einen eigenen Entwurf für ein Beschäftigtendatenschutzgesetz vor. Beispiele für Überwachung sind laut dem Gewerkschaftsbund die Erfassung von Tastenanschlägen, des Lesens und Antwortens bei Mails, von Chats in firmeneigenen Plattformen oder der Dauer von Telefonaten und Videokonferenzen. Neue Softwareprodukte setzten zudem auf künstliche Intelligenz sowie Gesichtserkennung und bezögen auch Gesundheitsdaten in die Analyse mit ein.
Homeofficepauschale auch in diesem Jahr
Das Bundeskabinett hat beschlossen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch für dieses Jahr in der Steuererklärung eine Homeofficepauschale geltend machen können. Und was denken die Betroffenen? Drei von fünf Arbeitnehmenden, die schon einmal im Homeoffice gearbeitet haben, stehen dieser Arbeitsform überwiegend positiv gegenüber. Das geht aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) hervor. Nur ein Fünftel der Befragten bezeichnete die Erfahrungen mit Heimarbeit demnach als überwiegend negativ. 70 % aller Umfrageteilnehmenden gaben an, Familie und Beruf im Homeoffice besser vereinen zu können. Ein Fünftel der Beschäftigten sagte zudem, dass sich das Arbeiten daheim positiv auf ihren Gesundheitszustand auswirke – vor allem durch weniger Stress.
Bei ebenso vielen hat sich das Wohlbefinden allerdings auch verschlechtert. Bei den negativen Folgen stehen Rückenschmerzen und Muskelverspannungen klar an erster Stelle: Unter allen, die von negativen gesundheitlichen Effekten berichteten, kämpft ein Drittel im Homeoffice mit verstärkten oder erstmals aufgetretenen Beschwerden in dem Bereich.
Singles leiden unter der Situation im Homeoffice
Jedem fünften Berufstätigen im Homeoffice schlägt laut Umfrage die Situation auf die Seele. Niedergeschlagenheit und Depressionen haben bei den Betroffenen demnach zugenommen. Laut den KKH-Daten stieg die Krankheitsdauer bei depressiven Episoden 2021 im Vergleich zu 2017 um 26 % auf durchschnittlich 66,5 Tage. Etwa zwei Drittel der von psychischen Erkrankungen betroffenen Berufstätigen im Homeoffice sind den Angaben zufolge Frauen. „Meistens sind es die Frauen, die sich neben ihrem Job um die Kinder und den Haushalt kümmern“, sagte KKH-Wirtschaftspsychologin Antje Judick. Laut Studie leiden berufstätige Singles im Homeoffice außerdem stärker als Menschen, die in einer Partnerschaft leben.
(mit Material von dpa)