So wehren Ingenieure den Vorwurf einer Patentverletzung ab
Vielleicht haben Sie schon mal eine sogenannte Berechtigungsanfrage oder gar eine Verletzungsklage erhalten. Im ersten Fall fordert Sie der Absender auf, zu einer vermuteten Patentverletzung erst einmal Stellung zu nehmen, ohne gleich massivere rechtliche Schritte einzuleiten. Sowohl bei einer Anfrage wie bei einer Klage gibt es mehrere annähernd gleiche Verteidigungsoptionen.
In unserem Beispiel produziert die Firma Solarix seit einem Jahrzehnt Solarzellen. Nun wird sie wegen einer Patentverletzung von Regenix verklagt. Die beiden klassischen Verteidigungsmöglichkeiten sehen so aus: Erste Möglichkeit ist das Bestreiten der Patentverletzung – dafür muss es allerdings Anhaltspunkte geben.
Den Rechtsbestand des Patents angreifen
Als zweite Möglichkeit kann Solarix den Rechtsbestand des Patents angreifen, wenn es den entsprechenden Stand der Technik an der Hand hat.
Dazu müsste eine Nichtigkeitsklage gegen das Patent eingelegt werden oder, sofern die Frist noch nicht abgelaufen ist, ein Einspruch. Das Gericht kann dann entscheiden, ob es das Verletzungsverfahren bis zum Abschluss des Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens aussetzt.
Patente für Profis: Wie Ingenieure gegen Patentverletzungen vorgehen
Neben diesen beiden Verteidigungsmöglichkeiten kann in seltenen Fällen auch anders argumentiert werden:
Keine Patentverletzung bei Erschöpfung des Patents
Falls Regenix die patentgeschützten Solarzellen an einen Händler verkauft hatte, der sie wiederum an Solarix verkauft, könnte Solarix Erschöpfung einwenden. Denn die Solarzellen sind bereits einmal mit Zustimmung von Regenix auf den Markt gelangt.
Möglicherweise sind die Ansprüche aus dem Patent verjährt. Zumindest die Höhe des Schadenersatzes könnte so verkürzt werden. Optional könnte Solarix Verwirkung einwenden, beispielsweise wenn Regenix seit vielen Jahren von der Benutzungshandlung von Solarix wusste, jedoch nichts unternommen hat.
Hat Regenix ein deutsches und ein europäisches Patent mit gleichem Zeitrang für dieselben Solarzellen und greift aus beiden Patenten an, so kann Solarix Doppelschutzverbot einwenden. Demgemäß ist ein deutsches Patent für den mit dem europäischen Patent identischen Schutzbereich unwirksam.
Solarix kann zum Herstellen der Solarzellen befugt sein, etwa aufgrund eines Vorbenutzungsrechts, einer Patentmitinhaberschaft oder eines Lizenzvertrags. Oder es gibt Zusicherungen von Regenix, z. B. aus früheren Kooperationen, nicht aus dem Patent gegen Solarix vorzugehen.
Bei Arglist des Wettbewerbers dessen Patent übernehmen
Auch könnte Solarix das Patent selbst erfunden haben, aus dem Regenix vorgeht. Für den Fall, dass Regenix nach einem Mitarbeitendenwechsel die Erfindung von Solarix arglistig zum Patent angemeldet hat, könnte Solarix eine widerrechtliche Entnahme einwenden oder gar eine sogenannte Vindikationsklage erheben und so das Patent ganz oder teilweise übernehmen.
Es zeigt sich, dass eine Vielzahl von Möglichkeiten besteht. Die genaue Strategie sollten Sie jedoch mit Ihrem Patentanwalt besprechen.