33 Zukunftstechnologien – und welche Rohstoffe dafür benötigt werden
Welche Technologien werden im Jahr 2040 eine Rolle spielen? Und welche Rohstoffe werden erforderlich sein, um in diesen Industrien in Zukunft mithalten zu können? Fragen wie diese beantwortet die groß angelegte Studie „Rohstoffe für Zukunftstechnologien“ im Auftrag der Deutschen Rohstoffagentur (Dera).
Rund 370 Seiten, Dutzende Grafiken und Tabellen umfasst der jüngste Bericht zu den „Rohstoffen für Zukunftstechnologien“. Die Studie, die einen Blick in das Jahr 2040 wirft und auf der Grundlage unterschiedlicher Szenarien mögliche Bedarfe an Schlüsselrohstoffen ermittelt, entstand im Auftrag der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) und wurde durchgeführt von Experten des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) und des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM).
Drei Szenarien: Nachhaltig – Mittelweg – Fossil
Die drei Basisszenarien, die das Forscherteam für seine Analyse gewählt hat, richten sich an der Dynamik Digitalisierung, der Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Energien oder dem Tempo der Mobilitätswende hin zur Elektromobilität aus. Die erste Variante, „Nachhaltigkeit“, geht von einer hohen Geschwindigkeit bei der Ausweitung von Elektromobilität und Wasserstoffwirtschaft aus, im mittleren Szenario wird ein Fortschreiten der Digitalisierung unterstellt, aber nur eine partielle Umstellung des Energie- und Verkehrssektors. Der „Fossile Pfad“ hingegen nimmt eine vergleichsweise langsame und global uneinheitliche Hinwendung zu den erneuerbaren Energien an. Jedes Szenario hat unterschiedliche Implikationen für den Rohstoffbedarf in rund zwei Jahrzehnten.
So könnte beispielsweise die Nachfrage nach Ruthenium, das sowohl für moderne Rechenzentren als auch für synthetische Kraftstoffe und sogenannte Superlegierungen, die etwa Bestandteil von Gasturbinen sind, sich auf Basis der 2018er-Produkion schon im mittleren Szenario fast versechsfachen. Im Nachhaltigkeits-Pfad halten die Experten sogar eine 19-mal so hohe Nachfrage wie 2018 für möglich. Auch für Scandium, das bei der Elektrolyse Verwendung findet, oder Lithium, das in der Speichertechnologie essenziell ist, prognostiziert die Studie eine Vervielfachung der Nachfrage. Das allein müsse noch kein Problem darstellen, erläuterte die Studienautorin Franziska Maisel bei der Onlinepräsentation der Ergebnisse vor rund 300 Teilnehmern. In vielen Bereichen sei es für die Förderer leicht möglich, die Produktion auszuweiten. „So kann es problematischer sein, wenn der Bedarf an Nickel sich verdreifacht, als wenn der an Lithium sich versechzigfacht“, so Maisel. In manchen Fällen könne auch die Recyclingquote erhöht und so der zusätzliche Bedarf weitgehend aus Sekundärrohstoffen gedeckt werden. Beim Lithium sei das aber im Moment nicht möglich. „Wir sind noch nicht in der Lage, das Lithium in der Qualität wiederzugewinnen, dass es erneut in Batterien eingesetzt werden könnte.“
Strategische Partnerschaften als Schlüssel zur Rohstoffsicherheit
Volker Steinbach, Leiter der Abteilung „Rohstoffe“ bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), wies auf die hohe Relevanz der Studie hin, da die Ausweitung der Förderung großen zeitlichen Vorlauf erfordere. „Von der Exploration bis zum Abbau vergehen fünf bis sieben Jahre, nicht selten aber auch zehn oder mehr“, so Steinbach. Um Engpässe und die damit verbundenen Preisanstiege bei kritischen Rohstoffen zu vermeiden, sei also eine frühzeitige Analyse notwendig. In stark konzentrierten Rohstoffmärkten mit global wenigen Lieferanten können Produktionsausfälle zusätzlich auch schnell zu Lieferausfällen in der verarbeitenden Industrie führen. Vor allem strategische Partnerschaften mit Lieferanten sollten verstärkt werden. Hohe Angebotskonzentration haben beispielsweise neben den Platingruppenelementen auch Kobalt, das für Lithium-Ionen-Batterien benötigt wird, und seltene Erden, die in der Elektromobilität und in Windkraftanlagen eingesetzt werden.
Als Maßnahmen zur Verbesserung der Rohstoffversorgung zählt die Studie auf:
– Ausbau und Effizienzsteigerung von Erzabbau bzw. Metallgewinnung,
– Substitution auf Material- und Technologieebene
– Ressourceneffizienz in Produktion und Anwendung
– Recycling, gewährleistet durch recyclinggerechtes Design, Rückführungsstrategien und effiziente Recyclingtechnologien
33 Schlüsseltechnologien in der Zukunft
Das Spektrum der betrachteten 33 Technologien reicht von unterschiedlichen Speichermedien über Mobilfunknetze der kommenden Standards 5G und 6G bis hin zu Energietechnologien und Elementen der Kreislaufwirtschaft. So sind z. B. Glasfaserkabel oder Rechenzentren wesentliche Technologien der Infrastruktur, die für das Cluster Digitalisierung und Industrie 4.0 notwendig sind. Bei Rechenzentren ergeben sich aufgrund der großen gespeicherten Datenmengen große Bedarfe an HDD-Festplatten, für die Ruthenium und Platin gebraucht werden.
Nicht berücksichtigt wurde nach Angaben der Studienautoren die politische Dimension. Also die Frage: Wer konkurriert in Zukunft um welche Rohstoffe. Dieser Frage soll in einer eigenen Ausgliederung der Analyse nachgegangen werden, die bis zum Jahr 2023 fertiggestellt sein soll.