Rallye bei Zinn, Kupfer, Nickel und Aluminium
Die Industrie zieht wieder an, Rohstoffe verteuern sich auf breiter Front. Dazu kommen Ausfälle in der Produktion.
Inhaltsverzeichnis
- Erholung der Industrieproduktion treibt die Rohstoffnachfrage
- Zinn: Weniger Exporte aus Indonesien und Myanmar
- Zinn als Lötmaterial für Halbleiterchips und für Solarpaneele gefragt
- Großes Kupferbergwerk in Panama stillgelegt
- Hüttenlöhne fallen auf 0,1 $/t
- USA und GB stoppen Handel mit russischem Aluminium
Die Preise der Industriemetalle wie Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn sind seit Jahresbeginn wieder deutlich gestiegen. Nach den Rekordständen im Frühjahr 2022 fielen die Metallpreise bis zum Jahresende deutlich. Im vergangenen Jahr bewegten sich die Preise unter einer gewissen Schwankung größtenteils seitwärts, ausgenommen Nickel und Zink, deren Preise im Jahr 2023 auch weiterhin fielen.
Erholung der Industrieproduktion treibt die Rohstoffnachfrage
Doch seit Ende 2023 konnten die Metallpreise teils deutliche Preissprünge verzeichnen. Das für jegliche Elektronikanwendung unerlässliche Zinn machte dabei den größten Sprung und verteuerte sich um etwa 30 %. Kupfer, ebenfalls unerlässlich für elektronische Geräte sowie für den Stromtransport, stieg um 11 %, gefolgt von Nickel und Aluminium (+10 %), Zink (+6 %) und Blei (+4 %).
Der Anstieg ist nicht nur auf eine steigende industrielle Nachfrage zurückzuführen, sondern auch auf aktuelle Entwicklungen der Angebotsseite. So weisen die Indikatoren des Einkaufsmanagerindex von S&P auf eine Erholung der Industrieproduktion hin. Global gesehen verbessert sich die Situation in der verarbeitenden Industrie, insbesondere in Indien und den USA, aber auch in China. Dadurch steigt der Bedarf an Rohstoffen.
Zinn: Weniger Exporte aus Indonesien und Myanmar
Auf der Angebotsseite sorgten aktuelle Entwicklungen für Unterbrechungen und ein vermindertes Angebot bei einzelnen Rohstoffen. Beispiel Zinn: Weniger Zinnexporte aus Indonesien und politische Spannungen in Myanmar hatten direkten Einfluss auf den globalen Zinnmarkt. Seit dem vergangenen Jahr sind alle Bergbauaktivitäten in dem von der sogenannten Wa-Miliz kontrollierten Teil Myanmars untersagt. Rund 10 % des global geförderten Zinns stammen aus der von der Miliz kontrollierten Region. Aber auch Spekulationen an der Börse dürften dem Zinnpreis einen Extraschub gegeben haben, wie aktuelle Daten der Londoner Metallbörse zeigen. Der Zinnpreis erreichte im April 2024 mit über 32 000 $/t ein Niveau wie zuletzt vor zwei Jahren.
Zinn als Lötmaterial für Halbleiterchips und für Solarpaneele gefragt
Neben den angebotsseitigen Einschränkungen wird der Zinnpreis von zwei globalen Entwicklungen getrieben: dem Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien und dem wachsenden Bedarf an Computerleistung. Beide Entwicklungen dürften die Zinnnachfrage erhöhen, da das Metall als Lötzinn ein wesentlicher Bestandteil unter anderem von Leiterplatten, Halbleiterchips oder Solarpaneelen ist.
Auch Kupfer profitiert von der positiven Nachfrageentwicklung durch das verarbeitende Gewerbe. Die positiven Wirtschaftsdaten in China und die Aussicht auf ein starkes Nachfragewachstum im Bereich der erneuerbaren Energien gaben dem Kupferpreis Aufwind. Darüber hinaus wird erwartet, dass der zunehmende Einsatz von KI den Stromverbrauch und damit die Kupfernachfrage steigern wird.
Großes Kupferbergwerk in Panama stillgelegt
Doch wie schon bei Zinn zu beobachten, sorgt die Situation auf der Angebotsseite für einen zusätzlichen Preisschub. In den letzten Monaten kam es durch einige Bergwerksschließungen zu einer reduzierten Bergwerksförderung. Beispielsweise bekam das Bergbauunternehmen First Quantum im Dezember 2023 von der Regierung Panamas die Anordnung, sein Kupferbergwerk Cobre Panama stillzulegen. Die Lagerstätte rangiert auf Platz 15 der weltweit größten Kupferbergwerke. Auch andere Bergwerksunternehmen reduzierten aus verschiedenen Gründen die Kupferproduktion. Das wiederum führte dazu, dass sich die sogenannten Hüttenlöhne im freien Fall befinden. Dabei handelt es sich um Gebühren, die Bergbauunternehmen an Kupferhütten zahlen, damit diese ihr halbverarbeitetes Erz oder Konzentrat zu fertigem Metall verarbeiten.
Hüttenlöhne fallen auf 0,1 $/t
In der Regel führt eine Verknappung von Erz und Konzentrat zu einem Rückgang der Hüttenlöhne. Lagen diese Löhne Anfang September 2023 auf dem Spotmarkt noch bei 88 $/t, bekommen die Hüttenbetreiber derzeit nur noch 0,1 $/t! Hütten, die Kupferkonzentrat nicht über lange Lieferverträge beziehen und sich vor allem über den Spotmarkt versorgen, können bei diesen Preisen nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. Genau dieser Umstand könnte nun dazu führen, dass einige Hütten schließen müssen und somit das Angebot an raffiniertem Kupfer sinken wird. Die Folge könnten steigende Preise sein.
USA und GB stoppen Handel mit russischem Aluminium
In dieser allgemeinen Situation von steigenden Metallpreisen haben die USA und das Vereinigte Königreich den Handel mit russischem Aluminium, Kupfer und Nickel untersagt, die nach dem 12. 4. 2024 produziert wurden. Davon sind vor allem der physische Handel an zwei der weltweit bedeutendsten Metallbörsen, der London Metall Exchange (LME) und der Chicago Mercantile Exchange (CME), sowie der Derivatehandel betroffen. Ziel ist es, die Einnahmen Russlands aus dem Export dieser Metalle zu unterbinden. Da Russland bei diesen Metallen ein bedeutender Produzent ist, sind die Preise für Aluminium und Kupfer nochmals angezogen. In den LME-Lagerhäusern ist der russische Anteil der nun betroffenen Metalle in den letzten Monaten stark angestiegen. Die aktuellsten Daten zeigen, dass über 90 % aller Aluminiumbestände in den LME-Lagerhäusern russischer Herkunft sind. Kupfer und Nickel sind mit Anteilen von 62 % und 36 % nicht weniger bedeutend.
Fazit: Die derzeit steigenden Preise bei den Industriemetallen sind auf verschiedene Faktoren wie Angebotseinschränkungen, eine anziehende Nachfrage als auch Spekulationen zurückzuführen. Nach gut zwei Jahren sinkender oder niedriger Preise haben sich diese wieder erholt und könnten bei steigender Nachfrage weiter ansteigen.