Stahlindustrie: Die letzte Ofenreise
Bis 2045 könnten die Hüttenwerke in Deutschland, Österreich und den Niederlanden hochofenfrei sein. Vorausgesetzt, es fließen Subventionen.
Europas Stahlkonzerne stehen vor einer Zäsur. Das zentrale Aggregat des Hüttenwerks, der Hochofen, ist angezählt. Hochöfen werden alle 15 bis 20 Jahre für eine neue „Ofenreise“ generalüberholt; die meisten der derzeit produzierenden Öfen befinden sich bereits auf ihrer letzten Reise.
Im Hochofen wird Eisenerz mittels Kokskohle zu Roheisen reduziert: Die Stahlkonzerne zählen deshalb zu den großen CO2-Emittenten. Noch sind sie im Wesentlichen von der Pflicht befreit, für ihre Emissionen Zertifikate zu kaufen. In den kommenden Jahren wird sich das ändern. Der Hochofen wird damit nicht nur für die Umwelt, sondern auch für das Betriebsvermögen des Betreibers zur Zumutung.
Direktreduktion mit Erdgas als Übergangsphase zu Wasserstoff
Unter den Stahlherstellern gibt es über die Alternative einen Konsens: Hochöfen sollen durch Direktreduktionsanlagen (DRI) ersetzt werden. In einer Übergangsphase soll darin Erdgas und später Wasserstoff als Reduktionsgas eingesetzt werden. Die Emissionen sind deutlich CO2-ärmer und wasserreicher.
Das Problem ist nur: Die Umrüstung der Hüttenwerke wird teuer. Eine Faustregel besagt, dass pro 1 Mio. t Roheisenkapazität eines Hochofens anfangs 1 Mrd. € Umrüstkosten anfallen. Allein der größte deutsche Stahlkonzern, Thyssenkrupp, rechnet mit rund 7 Mrd. €. für den Umstieg auf die DRI-Route.
Die Stahlkonzerne betonen, dass sie die Umbaukosten nicht alleine tragen können; sie haben Förderanträge in Brüssel eingereicht. In der Darstellung der Hüttenwerke tickt die Uhr, aber die Antwort lässt auf sich warten. „Die Signale der EU-Wettbewerbshüter deuten auf große Verzögerungen hin“, sagt André Körner, Geschäftsführer der ArcelorMittal Deutschland Holding.
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