Rohstoffe 31. Jan 2023 Von Peter Odrich Lesezeit: ca. 3 Minuten

Untersuchungsbericht arbeitet Ursachen des Nickeldesasters an der Londoner Metallbörse auf

Die Londoner Metallbörse (LME) hatte einen ungenügenden Überblick über Short-Positionen im Nickelhandel, so das Ergebnis einer ersten Untersuchung zum Börsenkollaps vom März 2022.

Noch immer finden an der Londoner Metallbörse Teile des Handels auf Zuruf statt. Das birgt Risiken für die Stabilität der Börse, wie sich im März 2022 gezeigt hat.
Foto: imago images / Xinhua/Han Yan

Im März vergangenen Jahres brachte die Nickelkrise die größte Metallhandelsbörse der Welt, die London Metal Exchange (LME), kurzfristig an den Rand des finanziellen Ruins. Alle organisatorischen wie finanziellen Vorkehrungen der Börse für einen Krisenfall reichten plötzlich bei Weitem nicht aus, als der Nickelpreis sich binnen kürzester Zeit vervielfachte. Im Januar dieses Jahres ist nun ein Untersuchungsbericht der Oliver Wyman Consulting veröffentlicht worden, der sich eingehend mit den Ursachen des Geschehens befasst. Wyman kommt zu dem Ergebnis, dass die LME – zumindest aus zurückblickender Sicht – schlichtweg nicht genug über das horrende Volumen sogenannter Short Positions im Nickelhandel wusste. Short Positions sind Geschäfte, bei denen die eine Seite im Handelsgeschäft über Metall verfügt, das sie effektiv nicht besitzt, aber sich schließlich rechtzeitig zu beschaffen hofft. Diese Transaktionen bringen für die Beteiligten wie für die Börse ein ganz erhebliches Risiko mit sich.

Die Londoner Metallbörse hat den außerbörslichen Handel unzureichend erfasst

Im Prinzip wusste die LME-Führung zu Beginn des Jahres 2022, also noch vor Beginn des Ukrainekriegs, Bescheid über die Zahl und Größe dieser Short Positions im Nickelhandel. Was sie allerdings weit weniger genau kannte, das waren die sogenannten Spot- oder OTC-Geschäfte (Over-the-Counter-Geschäfte), die zugleich außerhalb der Börse liefen. Zu jener Zeit beliefen sich Letztere vom Volumen her auf rund ein Drittel der entsprechenden Positionen an der Börse selbst.

Chinas Öffnung treibt die Rohstoffpreise

Die ständige Beobachtung der Short Positions ist für jede Börse und jedes Clearing House sowohl eine wichtige Aufgabe als aber auch eine erhebliche Herausforderung. Die britische Regierung als Aufsichtsbehörde verlangt eine ständige sogenannte Realtime-Beobachtung der Short Positions und der sich daraus ableitenden Margins. Wie Oliver Wyman allerdings betont, hat die LME diese konsequente Beobachtung am Krisentag, dem 8. März 2022, für mehr als fünf Stunden nicht erfüllt.

Alle Börsen trachten normalerweise danach zu verhindern, dass Marktteilnehmer irgendein Produkt in eine gefährliche Lage manövrieren. Dass derartige Anstrengungen nicht immer erfolgreich sind, hat die Nickelkrise sehr anschaulich verdeutlicht. Dabei drohte dem eigenen Clearing House der LME – LME Clear – zeitweise ein finanzieller Schaden in der Größenordnung von 2,6 Mrd. $, als der Nickelpreis sich an einem Tage um mehr als 200 % erhöhte. Ein Clearing House steht zwischen den jeweiligen Partnern eines Handelsgeschäfts und hat die Aufgabe zu verhindern, dass die Schieflage eines Geschäfts auf den gesamten Markt durchschlägt.

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