Baykar baut Werk für bewaffnete Drohnen in der Ukraine
Türkische Drohnen vom Typ Bayraktar spielten eine wichtige Rolle in der Verteidigung der Ukraine gegen Russland. Nun will der Hersteller ein eigenes Werk in der Ukraine errichten.
Der türkische Drohnenproduzent Baykar hat mit dem Bau eines Werkes in der Ukraine begonnen. Das gab das Unternehmen auf der Rüstungsmesse World Defense Show im saudi-arabischen Riad bekannt. Baykar ist einer der weltgrößten Hersteller von mit Lenkwaffen ausgerüsteten Drohnen. Allein für das Modell TB2 gibt es Lieferverträge mit 30 Ländern. Baykar-CEO Haluk Bayraktar erwartet die Fertigstellung des Werkes für 500 Mitarbeitende innerhalb von zwölf Monaten. Danach könne der Aufbau der Produktionsanlagen beginnen. Seinen Angaben zufolge soll die neue Fabrik 120 Drohnen pro Jahr produzieren können. Es sei noch nicht entschieden, ob es sich dabei um den Typ TB2 oder TB3 handeln würde.
Die Drohne Bayraktar TB2 kann länger als einen Tag in der Luft bleiben
Die Bayraktar TB2 ist eine seit 2014 eingeführte Drohne für Kampf- und Aufklärungseinsätze mit langer Flugdauer. Sie kann mehr als 24 Stunden in der Luft bleiben. Eine Bodensteuerung ist komplett unnötig, das Fluggerät kann autonom starten, zum einprogrammierten Ziel fliegen, es beobachten und wieder selbstständig landen. Für die Nutzlast von 150 kg kommen lasergesteuerte Bomben und Raketen sowie freifallende Granaten infrage. Den Produktionsausstoß für 2023 und 2024 beziffert Bayraktar auf jeweils 230 Exemplare.
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Das Modell TB3 wurde für den Einsatz auf dem türkischen Landungsschiff Anadolu entwickelt, das über ein einem Flugzeugträger vergleichbares Flugdeck verfügt. Entsprechend verfügt es über ein für harte Landungen verstärktes Fahrgestell, faltbare Tragflächen und einen stärkeren Antrieb. Mit einem Startgewicht von 1450 kg und einer Nutzlast von 280 kg ist die TB3 sowohl doppelt so schwer wie ihre Vorgängerin und kann auch eine fast doppelt so hohe Waffenlast tragen. Bei einem Testflug im vergangenen Jahr blieb ein Prototyp 32 Stunden in einer durchschnittlichen Flughöhe von fast 7000 m in der Luft und legte dabei 5700 km zurück.
Die Ukraine setzte die Bayraktar TB2 gegen russische Nachschublager, Hauptquartiere und Schiffe ein
In den ersten Monaten des russischen Angriffskrieges hatten Drohnen des Typs TB2 eine wichtige Rolle bei der Verteidigung der Ukraine gespielt – eine so wichtige, dass Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sogar ein Lemurenbaby im städtischen Zoo auf den Namen „Bayraktar“ taufte. Die ukrainischen Streitkräfte setzten die Drohnen gegen russische Hauptquartiere, Nachschublager und Schiffe der Schwarzmeerflotte ein. Vor allen Dingen trugen die in den sozialen Medien geposteten Videos von ukrainischen Luftschlägen dazu bei, in den westlichen Staaten die Unterstützung für die Ukraine zu stärken. Insgesamt soll das Land 50 TB2 geliefert bekommen haben. Bereits ein Jahr vor Beginn der Vollinvasion hatte der massenhafte Einsatz von Bayraktar-Drohnen im Krieg von Aserbaidschan gegen Armenien die Expertenwelt erschüttert. Oberstleutnant Michael Karl vom Bundeswehr-Thinktank German Institute for Defence and Strategic Studies (GIDS) stellt sogar die These auf: „Wenn die Bundeswehr in diesem konkreten Konflikt gegen Aserbaidschan hätte kämpfen müssen, hätte sie kaum eine Chance gehabt.“
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Doch längst ist es um die türkischen Drohnen im Ukrainekrieg still geworden. In den Fokus gerieten dagegen kleine und billige Kamikazedrohnen, die die Ukraine gegen russische Luftwaffenstützpunkte einsetzte. Den Bedeutungsverlust der TB2 erklärt Samuel Bendett von der US-Denkfabrik CNA mit der verbesserten russischen Flugabwehr. Sie sei nun besser organisiert, sie setze ihre Raketen und elektronischen Gegenmaßnahmen wesentlich wirkungsvoller ein. „Aufgrund ihres Designs bietet die TB2 ein großes Ziel, das nicht sehr schnell fliegt“, erklärt Bendett. Er sieht aber auch künftig Chancen für die Bayraktar-Drohnen in der Ukraine: „Die TB2 hat eine fortschrittliche Ausstattung mit Sensoren und kann andere Drohnen und Lenkwaffen auf Ziele leiten und dabei außerhalb der Reichweite der russischen Abwehrsysteme bleiben.“ Der Experte erinnert an einen Grundsatz der Kriegsführung: „Kein System zur Flugabwehr und für elektronische Gegenmaßnahmen ist unüberwindbar.“