PRAXISBEISPIEL 11. Jan 2018 Sabine Hense-Ferch Lesezeit: ca. 2 Minuten

Freiheit für die Ingenieure

FSB produziert im ostwestfälischen Brakel preisgekrönte Türklinken. In dem Städtchen herrscht kein Fachkräftemangel.

Türöffner für FSB bei Prestigebauprojekten sind das Design und die lange Lebensdauer der Türdrücker und Beschläge.
Foto: Franz Schneider Brakel

Einen Umzug hat FSB bereits hinter sich. Der allerdings liegt mehr als 100 Jahre zurück: 1909 zog Franz Schneider mit seiner Familie und einem Dutzend Mitarbeiter vom sauerländischen Iserlohn ins ostwestfälische Brakel. Der Gürtlermeister war damals Gründer eines florierenden Handwerksbetriebs für Möbelbeschläge und Devotionalien aus Messing. Er wollte näher heran an seine Absatzmärkte, die westfälische und thüringische Möbelindustrie. Deshalb zog der gesamte Betrieb 140 km weiter nach Nordosten. Nicht, dass Brakel eine Handelsmetropole wäre: Noch heute ist das 16 000 Einwohner zählende Städtchen im äußersten Osten von Nordrhein-Westfalen eher beschaulich. Mitten im Naturpark Eggegebirge gelegen, Paderborn als nächste Großstadt liegt 30 km entfernt, ebenso weit ist es zur nächsten Autobahnzufahrt.

Jochen Bauer, Geschäftsführer von FSB, hat nie einen Standortwechsel in Betracht gezogen. Foto: Franz Schneider Brakel

Als größter Arbeitgeber am Ort sitzt die die Firma von Franz Schneider immer noch hier. Heute liegen die Stärken von FSB – die Abkürzung für Franz Schneider Brakel GmbH + Co. KG – im Design sowie in Technik und Qualität ihrer Türdrücker und Beschläge. Das Unternehmen beschäftigt rund 600 Mitarbeiter. Knapp ein Drittel der in Brakel produzierten Türdrücker und Fenstergriffe werden in die ganze Welt exportiert. Sie öffnen die Türen solcher Renommierbauten wie der Hamburger Elbphilharmonie ebenso wie die von Hotels in Saudi Arabien oder von Flughafengebäuden. Als Designexponat sind sie sogar im Museum of Modern Art in New York ausgestellt.

„Unsere Türdrücker erfüllen die Norm in vier- bis fünffacher Hinsicht, sie stehen auch nach zehn Jahren intensiven Gebrauchs noch in der 90-Grad-Stellung. Das ist einzigartig in der Branche“, versichert Geschäftsführer Jochen Bauer. Jedes Jahr schreibt das Unternehmen Umsätze im oberen zweistelligen Millionenbereich. Neben Beschlägen, Griffen und Klingelschildern stellen die Brakeler Systeme für elektronisches Zutrittsmanagement, Lösungen für barrierefreie Ausstattungen im Sanitärbereich und Accessoires für Badezimmer her.

Jährlich 800 neue Teile bringt das Unternehmen heute heraus, fünf bis sechs neue Produktfamilien. Daneben laufen ältere Serien, die zum Teil so erfolgreich sind, dass sie nach 20 Jahren immer noch hergestellt werden. Gefertigt wird komplett am Stammsitz. Ein Standortwechsel sei niemals ein Thema gewesen, sagt Geschäftsführer Bauer: „Wir produzieren sehr anlagenintensiv – und unser gesamtes Know-how sitzt in Brakel, in den Köpfen unserer Mitarbeiter. Probleme bei der Fachkräftegewinnung kennen wir nicht. Designer und Ingenieure kommen gerne zu uns: Die Designer, weil wir einen exzellenten Ruf haben, die Ingenieure, weil sie wissen, dass wir ihnen viel Freiheit geben und sie sich bei uns regelrecht austoben können.“

Einziges Problem, schränkt Bauer ein, sei es, Mitarbeiter für die IT-Abteilung zu finden: „Die sind überall Mangelware.“ Auch die Mitarbeiterbindung sei kein Thema, die Fluktuation liege bei weniger als 2 %: „Unsere Leute wissen, dass wir ihnen einen sicheren Arbeitsplatz bieten, wir sind innovativ und großzügig: Arbeitszeitkonten laufen über zwei Jahre.“ FSB setzt außerdem auf die eigene Aus- und Weiterbildung und beschäftigt derzeit 32 Auszubildende.

Und doch denkt Jochen Bauer gelegentlich über einen zusätzlichen Standort nach: „Ein Think-Tank irgendwo in einer Metropole, wo man kluge Köpfe zu den Themen Digitalisierung und Design zusammenbringen könnte.“ Aber dafür muss man ja nicht gleich umziehen. pst

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