Industriekommunikation baut verstärkt auf hybride Messekonzepte
Durch die Coronapandemie sind Fachleute zunehmend gezwungen, sich im digitalen Raum zu treffen. Der Bundesverband Industrie Kommunikation (bvik) sieht deshalb künftig einen wachsenden Bedarf an hybriden Messen. Doch es ist Vorsicht geboten.
Auch im neuen Jahr werden Industriemessen nicht wie gewohnt stattfinden können. Die ersten Präsenzveranstaltungen wurden bereits abgesagt, darunter auch die Landtechnikmesse Agritechnica in Hannover, die bereits von November 2021 auf Ende Februar 2022 verschoben worden war. Stattdessen präsentiert die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) nun aktuelle Themen und Preisverleihungen rein online. Die Hannover Messe musste bereits zweimal digital stattfinden und für 2022 gibt es bereits Überlegungen den Termin Ende April zu verschieben.
Der Bundesverband Industrie Kommunikation (bvik) sieht in solchen und ähnlichen Fällen einen klaren Trend zu hybriden Veranstaltungen, also Messen und Konferenzen, die durch Online-Inhalte ergänzt werden. Kai Halter, Vorstandsvorsitzender des bvik, sagt: „Bei Industriemessen ist künftig das Beste aus beiden Welten gefragt – eine Kombination aus analog und digital.“ Das bestätigten die aktuellen Erfahrungen von Verbandsmitglieder mit neuen Messeformaten. „Einerseits bleibt der persönliche Kontakt zum Vertrauensaufbau und längerfristige Geschäftsbeziehungen unabdingbar. Andererseits brauchen Aussteller und Messeanbieter neue digitale Kompetenzen und vor allem den Mut, Dinge auszuprobieren“, stellt Halter fest. Er ist gleichzeitig Marketingleiter des Ventilatorenherstellers ebm-papst.
Messeplanung wir aufwendiger
Der Branchenverband räumt ein, dass dadurch die Messeplanung und -durchführung für alle Beteiligten deutlich komplexer und aufwendiger wird. Jedoch liege in der digitalen Verlängerung vor und nach der Messe viel Potenzial für mehr Reichweite und die Gewinnung zusätzlicher Besuchergruppen. Um die Menschen zu erreichen, brauche es Investitionen in hochwertige Inhalte, Technologien, Dienstleistung und Weiterbildung.
In der noch nicht veröffentlichen Umfrage „bvik Trendbarometer Industriekommunikation 2022“, beschreiben die Teilnehmenden aus Industrie und B2B-Dienstleistung das Vorhandensein digitaler Skills in Marketing und Kommunikation mit großer Mehrheit als erfolgsentscheidend. „Auch im Industrieumfeld erwarten Kunden ein durchgängiges, vertrauensbildendes Markenerlebnis. Dies bringt hohe und immer neue Anforderungen an die Kenntnisse in Vertrieb, Marketing und Unternehmenskommunikation mit sich“, heißt es dazu vom Branchenverband.
In dem jetzt veröffentlichten Whitepaper „Live-Kommunikation im New Normal“ stellt der Verband entsprechende Formate vor und benennt Chancen sowie Herausforderungen. Zu Wort kommen darin sowohl Kommunikationsverantwortliche aus Industrieunternehmen als auch Messeveranstalter und Wissenschaftler. Praxisbeispiele aus der Mobilhydraulik von Bosch Rexroth sowie von einem Antriebstechnikhersteller verdeutlichen darin, wie etablierte Messen und Konferenzen auch in ihren digitalen Erweiterungsformaten erfolgreich sein können. „Das Investment in gezielte Mitarbeiterschulungen hat sich definitiv ausgezahlt“, sagt darin z. B. Silke Lang, Director Marketing Mobile Hydraulics von Bosch Rexroth.
Tücken im Hybridkonzept
Doch Hybridkonzept ist nicht gleich Hybridkonzept. Das wurde im November bei der internationalen Fachmesse für Automatisierungstechnik SPS in Nürnberg deutlich. Hier hatte der Veranstalter den digitalen Teil der Messe eng mit den geplanten Inhalten der Präsenzmesse verknüpft. So sollten z. B. Vorträge und Diskussionen von der Messe live übertragen werden und über das Ende der Präsenzveranstaltung hinaus noch online abrufbar sein.
Messe SPS 2021 in Nürnberg kurzfristig abgesagt
Die Folge: Letztlich wurde die komplette Messe nur wenige Tage vor dem geplanten Termin abgesagt. Unternehmen, die Liveschaltungen zwischen Messestand und Fachleuten an Firmenstandorten geplant hatten, konnten darauf kaum noch kurzfristig reagieren. Dem SPS-Aussteller Michael Koch GmbH gelang es zumindest noch, den Messestand kurzfristig am Firmensitz aufbauen zu lassen und dort Liveübertragungen sowie Videomitschnitte für die Firmenhomepage zu realisieren. Im Vorteil waren in dem Fall Unternehmen, die ihre Präsentationen von vorneherein unabhängig von der Messepräsentation geplant hatten oder frühzeitig auf die Präsenz in Nürnberg verzichtet hatten. Ihre Präsentationen konnten trotz Messeabsage zum angekündigten Termin in Form einer Videokonferenz oder aus einem professionell gestalteten Studio erfolgen. Viele andere mussten ihre Messepräsentationen verschieben.
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