Meyer Werft kämpft ums Überleben
Das Unternehmen benötigt 2,7 Mrd. €. Für die Rettung mit öffentlichen Geldern soll der Firmensitz aber zurück nach Deutschland.
Die Kreuzfahrtbranche boomt, die Auftragsbücher der Werften sind voll – dennoch kämpft die traditionsreiche Meyer Werft im emsländischen Papenburg aktuell ums Überleben. So muss die Werft wegen Nachwirkungen der Corona-Pandemie und Preissteigerungen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine eine Finanzierungslücke von 2,7 Mrd. € schließen – Geld, das die Werft aktuell nicht hat.
Hintergrund: Verträge für die Kreuzfahrtschiffe waren zum Teil vor der Pandemie abgeschlossen worden und sehen keine Anpassung an die drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vor. Die Werft bekommt rund 80 % des Kaufpreises zudem erst bei der Ablieferung des Schiffes und muss den Bau mit Krediten zwischenfinanzieren.
Wichtiger Wirtschaftsfaktor
Die finanzielle Lage des Traditionsunternehmens gilt daher schon länger als angespannt, auch Arbeitsplätze sind bedroht. Von 440 Stellen sprach der Betriebsratschef der Werft, Andreas Hensen, bereits Ende Mai. Um die Schieflage nicht noch schlimmer werden zu lassen und weil die Werft auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region ist, hat nun jedoch Niedersachsens Landesregierung Unterstützung signalisiert. Auch der Haushaltsausschuss des Bundestages will sich heute mit der prekären finanziellen Lage des Unternehmens befassen.
„Wenn wir gute Gründe dafür haben, dass das Unternehmen eine Perspektive hat, werden wir uns sehr dafür einsetzen, diese Zukunft auch möglich zu machen. Das tun wir, weil wir Arbeitsplätze retten wollen“, so Ministerpräsident Stephan Weil. Allerdings müsse das Unternehmen seinen Firmensitz aus Luxemburg dafür zurück nach Deutschland verlegen, schließlich gehe es um viel öffentliches Geld. „Dann muss man auch von den Eigentümern verlangen, dass sie auf berechtigte Anliegen der öffentlichen Hand eingehen“, so Niedersachsens Regierungschef. Die Entscheidung für den Sitz in Luxemburg hatte das Unternehmen 2015 getroffen, um keinen Aufsichtsrat einrichten zu müssen.
Bund muss sich engagieren
Derzeit liefen vertrauliche Gespräche und es würden Gutachten zur Zukunftsfähigkeit der Werft erstellt. „Klar ist: Auch der Bund muss sich engagieren, wenn die Rettung gelingen soll“, fordert Weil. Außerdem brauche es Vereinbarungen mit Banken und man müsse wissen, wie die Kunden zu dem Unternehmen stehen. Viel Zeit für eine Entscheidung bleibe angesichts der finanziellen Zwänge des Unternehmens nicht mehr. „Wir müssen sehr zügig wissen, woran wir miteinander sind. Ohne Wenn und Aber: Das ist eine ernste Lage und die Zukunft der Meyer Werft steht auf dem Spiel“, so der Ministerpräsident.
Bis heute in Familienhand
Für die Meyer Gruppe arbeiten rund 7000 Menschen, davon etwa 3000 Stellen im emsländischen Papenburg. In der Region sollen insgesamt rund 10.000 Jobs von Meyer Werft abhängen. Weitere Werften stehen in Rostock und im finnischen Turku. Das Unternehmen wurde vor rund 230 Jahren gegründet und ist bis heute in Familienhand.