Rheinmetalls Italien-Deal bringt Panzer-Markt in Bewegung
Italien bestellt bei Rheinmetall den KF51 als neuen Kampfpanzer. Damit wird immer unwahrscheinlicher, dass sich Europa auf ein gemeinsames Modell für die Leopard-Nachfolge einigt.
Nun auch Italien: Nach Polen und Ungarn hat sich das dritte EU-Land entschieden für die nächste Generation eines Kampfpanzers nicht länger auf das deutsch-französische MGCS (Main Ground Combat System) zu warten, sondern selbst in die Entwicklung einzusteigen. Aufgrund von vielen Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern wird das MGCS nicht vor dem Jahr 2040 erwartet – und auch nur, wenn das Programm nicht vorher eingestellt wird.
Memorandum of Understanding über 550 Panzer für Italien
Italien hat sich jetzt entschlossen, als Nachfolger seines eigenen Kampfpanzers Ariete (der dem Leopard 2 vergleichbar ist) auf eine gemeinsame Entwicklung von Rheinmetall und dem heimischen Rüstungskonzerns Leonardo zu setzen. Dazu unterzeichneten die beiden Unternehmen ein sogenanntes Memorandum of Understanding zur Gründung eines 50:50-Joint-Venture.
Wie das Handelsblatt berichtet, will Italien bei Rheinmetall mehr als 550 Kampf- und Schützenpanzer bestellen. Das Volumen beträgt demnach 20 Mrd. €, die Laufzeit 15 Jahre. Den Düsseldorfern zufolge sollen „Endmontagelinien, Homologationstests, Auslieferungsaktivitäten und die logistische Unterstützung in Italien mit einem dortigen Arbeitsanteil von 60 % durchgeführt“ werden. Das künftige Gemeinschaftsunternehmen solle seinen Sitz in Italien haben.
Prototype auf der Eurosatory vorgestellt
Bei den 200 Kampfpanzern handelt es sich um den KF51 Panther, den Rheinmetall auf eigene Initiative entwickelte und dessen jüngsten Prototyp das Unternehmen vor wenigen Wochen auf der französischen Rüstungsmesse Eurosatory vorstellte. In einem gemeinsamen Video mit Rheinmetall-CEO Armin Papperger lobte Leonardo-Chef Roberto Cingolani die große Expertise des deutschen Konzerns beim Panzerbau, sein Unternehmen werde sein Elektronik-Know-how in das gemeinsame Projekt einbringen.
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The joint venture between #Leonardo and @RheinmetallAG, for the development of the next land defense systems, is being covered by the international press.
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— Leonardo (@Leonardo_live) July 4, 2024
Dabei geht es unter anderem darum, dass jeder einzelne Panzer über die sogenannte Combat Cloud maßgeschneiderte Informationen von Satelliten und Flugzeugen bekommt. Papperger schätzt in dem Video das weltweite Potenzial allein für landgestützte Waffensysteme auf 50 Mrd. €
Ende vergangenen Jahres hatte Ungarn Rheinmetall in einem Entwicklungsauftrag über 288 Mio. € beauftragt, den KF51 Panther zur Serienreife zu entwickeln, um anschließend den Typ für die ungarischen Streitkräfte zu produzieren. Polen wiederum bezieht seinen nächsten Kampfpanzer aus einem Land, das bisher kaum als Lieferant für Kampfpanzer auf dem Weltmarkt aufgetreten ist: Die Regierung bestellte vor einem Jahr 1000 K2 Black Panther in Südkorea. 800 davon sollen ab 2026 in Polen gefertigt werden. Der damalige polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak bezifferte die Kosten für die 1000 Fahrzeuge auf 3,14 Mrd. €.
Italiens Entscheidung gefährdet die Zukunft des MGCS
Mit Italiens Einstieg in die KF51-Fertigung werden die Chancen geringer, dass das MGCS als neuer Quasi-Standardpanzer der europäischen Nato-Staaten dienen wird, wie es Leopard 1 und Leopard 2 in den vergangenen 50 Jahren gewesen sind. Damit ist wiederum ist ein weiteres Hindernis auf dem Weg zum MGCS entstanden. Denn der Zusammenschluss der deutschen und französischen Panzerbauer KMW bzw. Nexter zur Holding KNDS entstand angesichts die enormen Entwicklungskosten eines Kampfpanzers im 21. Jahrhundert.
Wenn sich immer mehr EU-Staaten für andere Modelle entscheiden, werden die Bestellungen geringer als erwartet ausfallen und damit die Stückkosten steigen. KNDS scheint dafür vorzusorgen: Auf der jüngsten Eurosatory stellte der Konzern einen Kampfpanzer auf Basis des französischen Leclerc vor, aber mit einem ferngesteuerten Turm und besonders starker Kanone.