Rosskur für Heideldruck – Koenig & Bauer senkt Kosten
Heidelberger Druckmaschinen, seit Jahren gebeutelt, geht in eine weitere Runde der Neuaufstellung. 2000 Stellen werden gestrichen, zwei Vorzeigeprodukte eingestampft. Rivale Koenig & Bauer will nach Gewinnrückgang Kosten senken.
Rainer Hundsdörfer hat als Manager schon einiges gesehen: Trumpf, Schaeffler, EBM-Papst – unter anderem. Bei der Heidelberger Druckmaschinen AG ist er als CEO seit Ende 2016. Jetzt, dreieinhalb Jahre später, zieht er mit seinem Finanz-Kollegen Marcus Wassenberg die Reißleine.
Das Vorstandsduo will runter mit den Schulden, eine Fokussierung aufs Kerngeschäft und konsequent in Richtung Profitabilität. „Das Prinzip Hoffnung wird bei Heidelberg abgeschafft“, sagte Wassenberg. Das gestern vorgestellte Maßnahmenbündel soll eine Verbesserung beim Ebitda ohne Restrukturierungsergebnis von 100 Mio. € ermöglichen.
Corona bringt Unsicherheit in einem ohnehin schwierigen Geschäftsjahr
Natürlich sprach Hundsdörfer während der Telefonkonferenz gestern von Corona; die durch das Virus verursachte wirtschaftliche Lähmung der Weltkonjunktur, vor allem die damit einhergehende Unsicherheit, macht es nicht einfacher. Aber es geht um Hausgemachtes: Der Primus des klassischen Druckmaschinenbaus, der immerhin im Geschäftsjahr 2018/19 (endete zum 31. März 2019) noch 2,4 Mrd. € umsetzte, krankt immer noch an seiner unwirtschaftlichen Aufstellung und seiner hohen Verschuldung.
„Wir steuern Heidelberger Druckmaschinen künftig nach Profitabilität und nicht nach Umsatzwachstum“, sagte Hundsdörfer. Man wolle das Unternehmen endlich „wetterfest“ machen. Dazu trennt sich der Maschinenbauer schweren Herzens von lieb gewonnenen Hightechprodukten: vom Alleskönner für den digitalen Verpackungsdruck, der Primefire 106, und von den Großformat-Offsetdruckmaschinen Speedmaster XL 145 und 162.
Heideldruck stellt unprofitable Geschäftsfelder ein
„Es belasten uns einige wenige Geschäftsbereiche“, sagte Hundsdörfer, „die nur wenig Umsatz ausmachen, aber die Gesamtprofitabilität enorm belasten.“ Jährlich stehen 50 Mio. € zu Buche, die aber nicht durch die anderen Geschäftsbereiche, Verbesserungen oder Kostensenkungen aufzufangen sind.
„Die Primefire hat sich deutlich langsamer entwickelt, als wir angenommen haben“, erklärte Wassenberg. Und beim Großformat habe sich das Marktsegment grundlegend verändert: „Die erzielbaren Erlöse lassen keine Weiterführung mehr zu“, ergänzt er, sprich, bei dem derzeit herrschenden Preisdruck im Markt lässt sich die Maschine nicht mehr profitabel vermarkten.
Heideldruck sucht Partner für defizitäre Bereiche
Das muss aber nicht das Ende für beide Produktreihen sein, hört man genau zu: „Wir können es uns nicht leisten, diese Bereiche weiter eigenständig fortzuführen“, so Hundsdörfer. Mit Partner also vielleicht schon.
Das wäre in der Geschichte von Heideldruck nichts Neues. So gab man 2018 die Stanz- und Faltschachtelklebemaschinen an die chinesische Masterwork Machinery ab, mit der man eng kooperiert.
Entschuldung durch Rückführung von Vermögen
2005 hatte das Unternehmen den Pension-Trust e. V. gegründet. Aus dessen Vermögen will man jetzt rund 375 Mio. € wieder in das Unternehmen zurückführen und so die Liquidität „signifikant“ erhöhen.
Konkret soll eine Hochzinsanleihe über 150 Mio. € zurückgeführt werden. So lasse sich das Unternehmen fast komplett entschulden, so Hundsdörfer. Die Betriebsrenten seien dennoch weiter zu 100 % gesichert. Zu diesem Plan hätte es eine „breite Zustimmung“ gegeben, auch aus Belegschaft und Betriebsrat.
2000 Jobs auf der Kippe
Die Anpassung der Produktions- und Strukturkosten inklusive der Einstellung der beiden Produktlinien wird zusammen weltweit rund 2000 Stellen kosten. Welche das sein werden, stand gestern noch nicht fest, man werde dazu in Beratungen mit dem Betriebsrat eintreten. Hundsdörfer wollte aber explizit Betriebsschließungen nicht ausschließen.
Sparkurs bei Koenig & Bauer
Der ewige Rivale, die Koenig & Bauer AG aus Würzburg, steht nach einer Rosskur zu Beginn der Krise im Druckmaschinenbau seit vielen Jahren eher besser da als die Heidelberger. Das Familienunternehmen hatte aber schon im Dezember für das laufende Geschäftsjahr 2019 wegen steigender Kosten und ausgefallener Aufträge im Wertpapier- und Metalldruck die Prognose gesenkt.
Heute stellte CEO Claus Bolza-Schünemann die Zahlen für 2019 vor, so blieb der Umsatz mit gut 1,2 Mrd. € auf dem Niveau des Vorjahres. Er kündigte an, nach einem schwachen Jahr 2019 die Kosten bis 2024 um mehr als 70 Mio. € senken zu wollen. So soll der Gewinnrückgang von um die 40 % auf 38,4 Mio. € nachhaltig wieder aufgefangen werden. Aber auch das Kostensenken kostet Geld, nämlich einmalig zwischen 30 Mio. € bis 40 Mio. €., so Bolza-Schünemann.