Stoppt Trump Intel-Chipfabrik in Magdeburg endgültig?
Intel versprach für ein neues Werk in Magdeburg die modernste Chipfertigung der Welt. Seit September liegt das Projekt vorerst auf Eis. Mit der Wiederwahl von Donald Trump sieht ein Experte für die Ansiedlung kaum noch Chancen.
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Intel gab im September bekannt, den Start für den Bau seines 30 Mrd. € teuren Chipwerks in Magdeburg zu verschieben. Konzernchef Pat Gelsinger stellte eine Verzögerung von rund zwei Jahren in Aussicht – machte aber deutlich, dass es nur eine Schätzung auf Basis der erwarteten Nachfrage sei.
Die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten wirkt sich auch auf die deutsche Wirtschaft aus. Für die geplante Ansiedlung sieht der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Reint Gropp, kaum noch Chancen: „Ich halte es für extrem unwahrscheinlich, dass Intel jetzt noch nach Magdeburg kommt.“
Im Grunde könne Deutschland aber froh sein, dass noch keine Gelder geflossen seien, so Gropp. Die Bundesregierung hatte dem US-Unternehmen für die Ansiedlung rund 10 Mrd. € Unterstützung zugesagt. Wie die eingeplanten Subventionen verwendet werden könnten, sorgte aber politisch für Debatten.
Erster Spatenstich war für dieses Jahr erhofft
Intel hatte in Sachsen-Anhalt den Bau von zunächst zwei Chipfabriken angekündigt. Dabei sollten rund 3000 Arbeitsplätze entstehen. Der erste Spatenstich war für dieses Jahr angepeilt worden. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr staatliche Hilfen von 9,9 Mrd. € für die Ansiedlung in Aussicht gestellt. Die Freigabe der EU-Kommission dafür steht aber noch aus.
Noch vor wenigen Monaten hatte Gelsinger gesagt, dass in Magdeburg die modernsten Produktionsverfahren zum Einsatz kommen sollten, mit denen Intel zur erfolgreicheren Konkurrenz aufschließen will. Doch der Konzern kämpft mit Geldsorgen – und war gezwungen, irgendwo den Rotstift anzusetzen.
Bei dieser Abwägung gewann der Heimatmarkt: Gelsinger bekräftigte die Investitionen in den US-Bundesstaaten Ohio, Arizona, Oregon und New Mexico – und kündigte einen zweijährigen Stopp auch für die Pläne in Polen an.
Wohin mit den Subventions-Milliarden?
Für die Bundesregierung, die eine Finanzierungslücke im Haushalt hat, stellt sich nun die Frage, was man mit den für Intel vorgesehenen Milliarden zunächst einmal machen könnte. „Alle nicht für Intel benötigten Mittel müssen zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt reserviert werden“, schrieb Finanzminister Christian Lindner auf der Online-Plattform X. „Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik“, argumentierte der FDP-Vorsitzende.
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Alle nicht für #Intel benötigten Mittel müssen zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt reserviert werden. Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik. CL
— Christian Lindner (@c_lindner) September 16, 2024
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hielt dagegen: „Wir werden jetzt gemeinsam beraten, wie wir mit nicht genutzten Mitteln sinnvoll und sorgsam umgehen und sie zum Wohle des Landes einsetzen.“ Aus dem Ministerium hieß es, die Gelder seien im Klima- und Transformationsfonds, genannt KTF, vorgesehen und stünden nicht dem Kernhaushalt zur Verfügung. In dem Fonds gibt es ebenfalls eine Milliardenlücke.
Die Haushälter im Bundestag prüfen, wo der Etatentwurf der Bundesregierung verändert werden muss – und wie die Lücke von 12 Mrd. € reduziert werden kann.
Intel muss erst die Kurve kriegen
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) telefonierte mit Gelsinger. Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) setzt weiter auf eine Ansiedlung des Konzerns. „Intel hält, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem Projekt fest. Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es Intel in den kommenden zwei Jahren gut genug für weitere Milliardeninvestitionen geht. Der einst dominierende Branchenpionier bleibt heute bei den lukrativsten Halbleiter-Geschäften außen vor.
So werden Smartphone-Chips von Apple, Qualcomm oder Google auf Basis von Technologie des britischen Chipdesigners Arm entwickelt. Der Grafikkarten-Spezialist Nvidia dominiert bei Chips für KI-Software wie ChatGPT. Und produziert werden all diese Hightech-Halbleiter hauptsächlich in Taiwan beim Auftragsfertiger TSMC. Parallel zu Intels radikalen Sparplänen wird bekannt, dass der Chipkonzern erneut im Bieterwettstreit mit AMD abgehängt wurde. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters hat der Konkurrent Intel den Auftrag für die Chips der kommenden Playstation 6 weggeschnappt – ein 30-Mrd.-$-Deal.
Magdeburg ist Teil eines teuren Intel-Rettungsplans
Intel bleibt das Geschäft mit Chips für Rechenzentren sowie Windows-PCs – doch auch hier griff zuletzt Qualcomm mit Arm-Prozessoren an. Der einstige Platzhirsch kämpfte derweil mehrfach mit Problemen bei neuen Chip-Generationen.
Gelsinger, der Anfang 2021 als Sanierer zu Intel zurückkam, hat einen ambitionierten – und teuren – Rettungsplan. Er will nicht nur erfolgreiche eigene Chips entwickeln, sondern auch so gut in der Fertigung werden, dass sich andere Firmen für Intel als Auftragsproduzenten entscheiden. Dafür werden die Fabriken in eine eigenständige Einheit innerhalb des Konzerns ausgelagert.
Und es sollen mehrere neue Werke gebaut werden – mit hohen staatlichen Subventionen. Dabei setzte Gelsinger auf die Angst vor Chip-Engpässen durch einen Konflikt um Taiwan. Denn ohne die Lieferungen von TSMC ginge im Westen sehr schnell kaum etwas, warnen Experten. Die Halbleiter-Knappheit in der Corona-Krise würde dagegen harmlos wirken.
Die Alternative: Fabriken in den USA und Europa. Das kostet viele Milliarden und dauert Jahre. Aber wenn es gelingen würde, Ende dieses Jahrzehnts rund die Hälfte der Produktion hochmoderner Chips in den Westen zu bringen, hätte man viel für Versorgungssicherheit erreicht, sagte Gelsinger im Februar. Ein Nebeneffekt: Intel wäre fester in den westlichen Chip-Lieferketten verankert. Magdeburg ist ein Teil dieses Plans.
KI-Chip für Amazon
Doch selbst wenn der Bund 10 Mrd. € in Magdeburg zuschießt – die restlichen 20 Mrd. € müssen auch noch aufgebracht werden. Und Intel muss sparen. Allein im vergangenen Quartal fuhr der Konzern einen Milliardenverlust ein – und Analysten rechnen noch mit weiteren roten Zahlen. Gelsinger kündigte Anfang August bereits den Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen an. Das sind etwa 15 % der Belegschaft. Insgesamt will er zum kommenden Jahr mehr als 10 Mrd. $ einsparen.
In den USA, wo Intel ebenfalls Milliarden-Subventionen bekommt, konnte Gelsinger zugleich einen Erfolg für seine Auftragsfertiger-Strategie verbuchen. Intel werde einen KI-Chip für die Cloud-Sparte von Amazon mitentwickeln und fertigen, kündigte er an.