Uniper-Chef Lewis: Fehlende Kraftwerksstrategie gefährdet Investitionen in Deutschland
Uniper-Chef Michael Lewis kritisiert die noch immer fehlende Kraftwerksstrategie der Bundesregierung. Investitionen könnten ins Ausland fließen.
Seit etwas mehr als einem halben Jahr ist der Ingenieur Michael Lewis Vorstandsvorsitzender des größten deutschen Gaslieferanten Uniper mit mehr als 11 000 Mitarbeitenden in über 40 Ländern. Der Unternehmenssitz ist Düsseldorf. Sein Amt hat er in schwierigen Zeiten übernommen, denn Uniper musste wegen der Auswirkungen des Ukrainekrieges und der fehlenden Gasversorgung aus Russland von der Bundesregierung vor der Pleite gerettet werden. Zurzeit hält der Bund 99,1 % der Anteile. Bis 2028 muss der Anteil auf 25 % sinken. Lewis sieht sein Unternehmen dafür gut aufgestellt und geht davon aus, dass der Bund mit einem Gewinn aussteigen wird. Uniper will bis 2030 mehr als 8 Mrd. € in die grüne Transformation investieren.
Wohlstand darf durch Energiewende nicht aufs Spiel gesetzt werden
Vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf zeigte Lewis sich besorgt über die Strom- und Wärmeversorgung in Deutschland und begrüßte den Vorstoß der Bundesnetzagentur, die Kohlekraftwerke als stille Reserve über das Jahr 2030 hinaus laufen zu lassen. Durch die Energiewende dürfe der Wohlstand nicht aufs Spiel gesetzt werden. „Wir dürfen den Bogen nicht überspannen“, sagte Lewis im Hinblick auf die Kosten, da nicht nur der Umbau zur klimaneutralen Wirtschaft, sondern auch andere Entwicklungen (Demografie, Sozialsysteme) auf Deutschland zukommen. Jeder Fortschritt zähle. „Wir müssen heutige Technologien nutzen und nicht auf das große Big Bang in zehn Jahren warten“, sagte Lewis. Er sprach sich für die Nutzung von Carbon Capture and Storage (CCS) in Deutschland aus.
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Fehlende Kraftwerksstrategie – Kavernenspeicher müssen laut Lewis vor den Gaskraftwerken ausgebaut werden
Dass aus dem Bundeswirtschaftsministerium immer noch keine Kraftwerksstrategie vorliege, sei frustrierend. Bis 2030 sollen eigentlich Dutzende neuer Gaskraftwerke als Back-up für die erneuerbare Energie in Betrieb gehen. Die Gaskraftwerke sollen eine Leistung von 25 GW erbringen. Sie sollen zunächst mit Erdgas, ab 2035 mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden. Dafür brauche man eine entsprechende Wasserstoffinfrastruktur. „Wir brauchen erst die Speicher, dann die Kraftwerke“, sagte Lewis und verwies darauf, dass der Neubau eines Kavernenspeichers zehn bis zwölf Jahre dauert, der Umbau eines bestehenden zwischen fünf und neun Jahre.
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Lewis: Investitionen könnten ins Ausland fließen
Die Ziele der Bundesregierung seien durch die fehlende Strategie kaum zu halten. Der Handelsdruck sei groß. Schließlich brauche es mehrere Jahre für die Planung und Umsetzung von Kraftwerken, auch der Umbau bestehender Kraftwerke benötige zwar weniger Zeit, aber immer noch mehrere Jahre, sagte Lewis. Uniper stehe in den Startlöchern. Lewis zeigte sich optimistisch, dass aus dem Habeck-Ministerium in den kommenden drei bis sechs Monaten etwas komme. Wenn nicht, könne das auch bedeuten, dass Investitionen, die in Deutschland geplant sind, ins Ausland abwandern. Lewis fordert ein Kapazitätsmarktmodell nach dem Vorbild in Großbritannien und anderen Ländern. Demnach würde der Investor eine Rendite auf die Investition erhalten.