VW-Konzern tritt Halbleiterverband Semi bei
Der Volkswagen-Konzern tritt dem Verband der Chipzulieferer Semi bei. Das wurde heute auf der Münchener Messe Semicon Europa in München bekannt gegeben.
10 % aller Halbleiter weltweit gehen in den Automobilsektor. Ajit Manocha, President und CEO der Semi, des Verbands der Zulieferer der weltweiten Chipindustrie, weiß: „Heute sind in einem Auto bis zu 10 000 Chips und Sensoren verbaut und schon in wenigen Jahren werden es 100 000 sein.“ Zur Eröffnung der Kongressmesse Semicon Europa, die noch bis Freitag parallel zur Productronica, der Fachmesse für Entwicklung und Fertigung von Elektronik, stattfindet, unterstrich Manocha heute die Bedeutung der Halbleiter für eine smarte, künftige Verkehrswelt.
Durch die Mitgliedschaft erhält VW Zugriff auf das Kompetenznetzwerk des Semi-Verbands. Gleichzeitig können die Wolfsburger an künftigen Standardisierungen in der Chipindustrie mitwirken und dazu beitragen, die jeweiligen Roadmaps der beiden Industrien zu harmonisieren. Denn laut Manocha wächst mit dem Übergang zu neuen, elektrischen und intelligenten Mobilitätskonzepten der Bedarf an enger Abstimmung und Kooperation.
Smart-Transportation-Plattform
VW ist auch Gründungsmitglied des Global Automotive Advisory Council der Semi, das ausgehend von Deutschland mittlerweile eine globale Veranstaltung geworden ist. Sie ist Basis für die Smart-Transportation-Marktplattform, in der verschiedene Fragenkomplexe diskutiert werden, z. B. die Konnektivität oder die Zuverlässigkeit der Systeme. Wichtige Grundpfeiler auf dem Weg hin zum autonomen Fahren.
„Die Halbleiterindustrie ist ein Musterbeispiel dafür, wie Komplexität, kurze Entwicklungszeiten und Kostenherausforderungen gemeistert werden können“, sagte Rolf Zöller, Chef der Elektronikentwicklung bei VW. Er unterstrich die Bedeutung vernetzter, sicherer und zuverlässiger Elektronikkomponenten für die Zukunft des VW-Konzerns auf dem Weg in die intelligente Mobilitätszukunft.
Kein Google oder Facebook ohne Chips
Doch nicht nur die Automobilindustrie kann nicht mehr ohne die Chips. „Die großen Digitalkonzerne wie Facebook oder Google wären ohne die Halbleiter in den Rechenzentren nicht denkbar“, sagte Manocha selbstbewusst. Er sieht die Chipindustrie auf einer Erfolgsspur, die binnen zehn bis 15 Jahren von derzeit rund 440 Mrd. $ Umsatz sich auf 1 Billion $ nochmals verdoppeln wird.
Ein Optimismus, den Rainer Kurtz, Chef der Kurtz-Ersa-Konzerns und Ausstellerbeiratsvorsitzender der Productronica, derzeit nicht ohne Weiteres teilt. Seit Mitte vergangenen Jahres sieht sich der deutsche Maschinenbau, zu dem auch die Mehrzahl der Aussteller auf der Messe gehört, in schwierigem Fahrwasser.
Maschinenbau in schwierigem Fahrwasser
Bei rund zwei Dritteln der Unternehmen gingen die Auftragseingänge zurück. Bei einem knappen Drittel allerdings wuchsen sie auch. Ähnlich zwiespältig ist die Lage bei den Umsatzerwartungen. Hier reicht die Spannweite von knapp 40 % der Unternehmen, die bis zu 20 % Umsatzzuwachs im Jahr 2019 erwarten, hin zu summiert über 40 %, die Rückgänge von 5 % und mehr prognostizieren. Auf längere Sicht aber macht sich Kurtz um seine Branche keine Sorgen, denn in den letzten Jahrzehnten habe der Maschinenbau im langfristigen Durchschnitt stabil zugelegt.
Ähnlich geht es der Branche, die Kunden der Productronica-Aussteller sind: der Hersteller von Bauelementen und Baugruppen der Elektronik. Christoph Stoppok, Geschäftsführer des Fachverbands PCB and Electronic Systems im ZVEI, sieht zwar Irritationen, „aber die sind politikgemacht und nicht auf den Markt zurückzuführen“. Nach einem überaus erfolgreichen Jahr 2018 erwartet der Verband in vielen Marktbereichen Rückgänge, allerdings war das vergangene Jahr insofern ein besonderes, da es vor allem bei den Halbleitern Verknappungen und damit steigende Preise gab, die sich natürlich positiv auf die Umsätze auswirkten. Entsprechend schwierig die Ausgangslage für 2019.
Halbleiter schwächeln 2019
„Der deutsche Markt für elektronische Bauelemente wird zum Jahresende 2019 einen Rückgang um gut 4 % aufweisen und mit einem Umsatz von 20 Mrd. € nur das Umsatzniveau von 2017 erreichen“, prognostizierte Johann Weber, Vorsitzender des Fachverbands. „Die rückläufige Entwicklung des deutschen Markts ist im Wesentlichen auf die Halbleiterbauelemente zurückzuführen, die voraussichtlich ein Minus von knapp 8 % verbuchen werden“, ergänzte Weber. Die Halbleiter haben einen Anteil von rund 70 % des Gesamtmarkts der elektronischen Bauelemente.
Für den europäischen Markt wird laut Weber 2019 das Vorjahresniveau und damit ein Umsatz von knapp 57 Mrd. € erreicht. Der Weltmarkt werde um 9 % auf etwa 592 Mrd. $ schrumpfen, was auf die sich abschwächende Weltwirtschaft zurückzuführen sei. Diese bedinge eine geringere Nachfrage nach elektronischen Bauelementen. „Allerdings müssen wir berücksichtigen, dass der Weltmarkt von 2015 bis 2018 um knapp 36 % zugelegt hat und damit neue Rekordumsätze erzielen konnte“, fügte Weber hinzu.
Beschäftigungslage stabil
Stabil bleibt in beiden Branchen die Beschäftigungssituation. Kurtz und auch Stoppok meinten, dass die Unternehmen auch in schwieriger Situation versuchen, ihre qualifizierten Mitarbeiter zu behalten. Denn sie wissen, dass es schwierig ist, diese zurückzubekommen, wenn die Konjunktur wieder anzieht.