VW übernimmt Hellas Kamerasoftware-Sparte
Wolfsburger wollen Kompetenzen für das autonome Fahren ausbauen.
Die Car.Software Org, ein 100 %iges Tochterunternehmen der Volkswagen AG, übernimmt den Geschäftsbereich für Frontkamera-Software einschließlich der zugehörigen Bereiche Testing und Validation vom Softwarespezialisten Hella Aglaia Mobile Vision GmbH, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der Hella GmbH & Co. KGaA. Volkswagen hatte die Car.Software Org Anfang des Jahres als markenübergreifende Einheit für Softwareentwicklung gegründet.
7 Mrd. € für die Mobilität der Zukunft
In dem eigenständigen Software-Unternehmen führt der VW-Konzern seine Softwarefähigkeiten aus den Marken Volkswagen, Audi und Porsche sowie aus weiteren Tochterunternehmen zusammen und baut diese weiter aus. Die Ingenieure entwickeln eine einheitliche Softwarearchitektur für die Fahrzeuge aller Marken im Konzern, u. .a. für Fahrerassistenzsysteme – bis hin zum automatisierten Fahren und Parken. Die Bildverarbeitung ist dafür eine Schlüsselkompetenz mit wachsender strategischer Bedeutung. Ziel ist es, ein exaktes Abbild der Fahrzeugumgebung durch Kamera- und weitere Sensordaten zu erzeugen. Dies ermöglicht es den Fahrzeugen, ihr Umfeld zu erfassen und ihre Position darin zu bestimmen, Situationen vorherzusehen und vorausschauende Manöver durchzuführen. Darüber hinaus bündelt die Softwareeinheit künftig die technologischen Plattformlösungen für datengetriebene Geschäftsmodelle und Innovationen. Für diesen Aufgabenumfang will der VW-Konzern bis 2025 mehr als 7 Mrd. € investieren.
Interne Entwicklungen bevorzugt
„Mit der Übernahme der Kamerasoftware-Sparte von Hella sowie des dazugehörigen Know-how in der Bildverarbeitung setzen wir unsere Strategie fort, zukünftig wesentliche Softwarekomponenten intern zu entwickeln“, erläutert Dirk Hilgenberg, CEO der Car.Software Org. „Wir treiben damit den Kompetenzaufbau in der Car.Software Org in dem Bereich des maschinellen Sehens weiter voran und stärken unsere Position in der Entwicklung sicherer und innovativer Fahrfunktionen.“ Hella Aglaia verfügt laut Hilgenberg über hohe Kompetenz in der Entwicklung und Validierung von bildverarbeitender Software im automobilen Umfeld. Hierzu zählen insbesondere optische und KI-basierte Systeme, die Umfeldaspekte wie Objekte, Lichter, Spuren und Verkehrszeichen erkennen und klassifizieren.
Hohe Investitionen – großes Risiko
„Der Ausstieg aus dem Geschäft mit Frontkamera-Software erfolgt auf Basis eines stringenten Portfoliomanagements“, sagt Rolf Breidenbach, Vorsitzender der Hella-Geschäftsführung. Hellas strategische Eckpfeiler seien Technologieführerschaft, Marktführerschaft sowie die Erfüllung bestimmter finanzieller Kennzahlen. „Wenn wir eines dieser drei Kriterien mit einem Produkt nicht nachhaltig erreichen können, verfolgen wir die entsprechenden Geschäftsaktivitäten nicht weiter.“ Um die Ziele dauerhaft zu erreichen, hätten im Bereich Frontkamera-Software außerordentlich hohe Investitionen, verbunden mit einem großen unternehmerischen Risiko, getätigt werden müssen. „Von daher freuen wir uns, mit Volkswagen nun einen starken Partner gefunden zu haben, der diese Aktivitäten strategisch weiterentwickeln wird“, zeigt sich Breidenbach zufrieden.
Kartellamt muss noch sein Okay geben
Eine entsprechende Übernahmevereinbarung haben beide Unternehmen bereits unterzeichnet. Nach Angaben von Hella werde die Transaktion im Falle eines erfolgreichen Abschlusses zu einem außerordentlichen Ertrag in der Größenordnung von etwa 100 Mio. € führen. Dann soll rund die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hella Aglaia in die Car.Software Org wechseln. Der Vollzug der Übernahme wird für Anfang 2021 erwartet und steht noch unter dem Vorbehalt kartellrechtlicher Genehmigungen.